Jörg Timp kann Indie: ein Interview mit dem Chef von Make my Day Records
„Deutsche Bands glauben
nicht so sehr an ihre Sache"
Von Frank Weiffen für R2-Popsmart
Foto: Weiffen
Jörg Timp ist der Kopf des Düsseldorfer Plattenlabels Make My Day Records.
Düsseldorf. Indie-Labels, die unabhängig von den großem Musik-Konzernen sind, gibt es überall. Und auch im R2-Gebiet. Wir wollen Euch in unregelmäßiger Folge einige davon in Form von Interviews oder Porträts vorstellen - und beginnen mit „Make My Day Records“ aus Düsseldorf.
R2-Reporter Frank Weiffen traf Label-Chef Jörg Timp und ließ sich von ihm erzählen, was eine Bauchentscheidung ist, wie sich amerikanische von deutschen Bands über die Sprache hinaus unterscheiden – und warum man manchmal auch auf seinen Kopf hören muss.
R2: Jörg, wie viele Platten bringst Du auf Deinem Label „Make My Day Records“ im Jahr etwa raus?
Jörg Timp: Gar nicht mal so viele. Wir müssen nicht jeden Monat eine neue Platte veröffentlichen. Diesen Druck haben wir nicht – schließlich heißen wir ja nicht Universal. Wir machen lieber nur vier, fünf Platten im Jahr – aber die dafür richtig. Das heißt: Wir bauen über einen langen Zeitraum hinweg etwas auf, das wir uns mitunter auch mühsam erkämpfen müssen.
Überlegst Du denn lange, ehe Du an eine Band herantrittst?
Nein. Das ist häufig eine Bauchentscheidung.
Was bedeutet Bauchentscheidung genau: Sind da sofort die Dollarzeichen in Deinen Augen? Oder ist da erst die Begeisterung für die Musik?
Auf jeden Fall die Begeisterung. Ich meine: So ein Label ist ja auch immer Abbild Deines eigenen Geschmacks. Da gehst Du nicht sofort mit kaufmännischen Erwägungen ran und sagst Dir: Super! Diese Jungs sind für soundsoviele Alben und Konzerte gut. Natürlich überlegen wir auch, ob eine Band Marktpotenzial hat. Aber erst einmal findest Du die Band einfach gut und sympathisch. So lief es zum Beispiel bei Constants aus den USA: Als ich die das erste Mal sah, wusste ich: Das ist zwar definitiv keine Musik, die ich mir zuhause anhören würde. Aber das sind so super Typen, die glauben so sehr an ihre Sache – die muss ich machen.
Foto: Bart Pettman
Waren schon mit Oceansize auf Tour: The Vessels aus der UK-Sektion von Timpes Label.
Künstler wie die Arctic Monkeys oder Enter Shikari wurden allein durchs Internet bekannt. Suchst Du Dir auch auf diesem Wege Bands für Dein Label?
Nein. Ich gehe nicht extra hin, klinke mich ins Internet ein und suche. Meist entdecke ich Bands tatsächlich bei Konzerten.
Wie sieht es mit der klassischen Variante - Demos, die Dir zugeschickt werden - aus?
Schlecht. Bei denen ist nur wenig Gutes dabei. Das kam vielleicht ein-, zweimal vor. Die meisten Demos landen bei mir – Entschuldigung! - im Fußraum des Autos.
Nochmal zurück zum Bauchgefühl: Kann das auch mal Grund dafür sein, dass Dir Fehler unterlaufen?
Das kann auch passieren. Und wir haben seit Gründung von „Make My Day Records“ so ziemlich jeden Fehler gemacht, den es gibt…
Gibt es eine Band, die ein großer Fehler war?
Ja, Lovedrug zum Beispiel. Da habe ich anfangs gedacht: Wow, was für eine geile Band! Und das waren sie ja auch. Aber dann habe ich den nächsten Schritt nicht überlegt: Es war nämlich im Vorfeld eigentlich schon zu sehen, dass diese Band nicht das erforderliche Setup bieten, um wirklich erfolgreich zu werden – und prompt habe ich eine Menge Geld in den Sand gesetzt.
Wird man in solchen Momenten wieder zum Rationalisten?
Man sieht dann zumindest, dass Idealismus und Leidenschaft zwar schön und gut sind, dass man aber gerade als Firmenbesitzer auch eine Verantwortung gegenüber anderen Bands und natürlich gegenüber den Label-Mitarbeitern hat. Wir haben bei „Make My Day“ schließlich keine riesige Kapitaldecke wie Mannesmann. Und wenn ich bei einer Band – und sei sie auch noch so toll - weiß, dass ich mit ihr tonnenweise Geld verlieren werde, dann muss ich mein Fan-Sein auch einmal hinten anstellen. Es geht zwar nicht ohne Begeisterung. Aber es geht auch nicht ohne eine gut aufgestellte, abgesicherte Firma.
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