Das Korean Girl über das Leben zwischen den Welten

Kuchen mit Stäbchen und
„Teil der koreanischen Persönlichkeit“

Von Sun-Mi Jung für R2-Blogger

Foto: © Hard Seat Sleeper

Sag' mir, was Du isst und ich sage Dir, wer Du bist. Nun, es könnte schlimmer sein als dieser Topf Nudeln.

Dortmund. Jetzt haben Sie ja schon den einen oder anderen Einblick in mein deutsch-koreanisches Leben gewonnen. Ich habe Ihnen erzählt, wie die Koreaner essen, trinken, sprechen, feiern, in die Heimat reisen, Kinder erziehen und vieles mehr. Zeit für mich, eine Zwischenbilanz zu ziehen und drüber nachzudenken, was denn nun den koreanischen Teil meiner Persönlichkeit ausmacht.

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an. Meinem Aussehen. Man erkennt einfach auf dem ersten Blick: Die ist nicht von hier! Ich sehe eben zu 100 Prozent koreanisch aus, was aber die meisten Koreaner tun. Kleiner Wuchs, schmale Statur, schwarzes Haar, dunkle Augen, cremefarbene Haut, typisch asiatische Gesichtszüge. Obwohl, ich habe auch schon Koreaner mit hellen (!) Augen gesehen. In Korea. Hat mich total irritiert und ich konnte diese Störung auch erst gar nicht zuordnen.

35 niederländische Seeleute in Korea

Bis ich die realisierte: Die Augen sind ja grün! Später fiel mir ein, dass Korea zwar nie unter westlicher Kolonialherrschaft stand. Aber im 17. Jahrhundert strandeten 35 niederländische Seeleute in Korea und verbrachten unfreiwillig über zehn Jahre in dem Land… Heutzutage gibt es auch sehr viele Koreaner mit hellen, genauer gesagt „nicht-schwarzen“ Haaren. Fast alle Koreanerinnen in Seoul haben „helles“ Haar. Das liegt aber an L’Oréal.

Foto: © BlacBull

Die "andere" Welt, die das eigentliche Zuhause des Korean Girl ist: Kaffee und Kuchen - typisch deutsch.

Aber zurück zu mir. Ich falle optisch sofort auf. Bei uns im Ruhrgebiet geht das ja noch. Der große Anteil an „Menschen mit Migrationshintergrund“ lässt mich dann doch in der Masse der „Ausländer“ verschwinden. Und trotzdem wecke ich die, meist freundliche, Neugierde der Menschen. „Können Sie mich verstehen?“, „Sind Sie Krankenschwester?“, „Kommen Sie aus China?“, lauten die Fragen, die mich schon mein ganzes Leben lang begleiten und die mir von wildfremden Menschen gestellt werden, die mich zum allerersten Mal sehen. Manchmal muss ich brandneuen Bekanntschaften sogar meine ganze Lebensgeschichte erzählen und zusätzlich eine Einführung in koreanische Landeskunde geben. Aber man gewöhnt sich dran und ich weiß ja, sie meinen es nicht böse mit mir.

Foto: © Sherry Zhang

Koreaner sehen ganz anders aus als Europäer. Auch wenn die Haare koreanischer Frauen immer heller werden. L'Oréal sei Dank...

Außerdem eröffnet mir mein ungewöhnliches Aussehen Möglichkeiten, die andere nicht haben. Zum Beispiel kann ich mich stumm UND taub stellen. Ab und zu wird man ja in der Stadt von fremden Menschen angesprochen, die einem einen Flyer in die Hand drücken oder zu einer Umfrage überreden wollen. Letzteres finde ich besonders lästig und weil ich manchmal noch nicht einmal Lust habe, dieses zu erklären, sage ich dann „No German“ und laufe schnurstracks weiter. Ich weiß, das ist unhöflich. Ist mir in diesem Moment aber völlig egal. Das „No German“ funktioniert übrigens auch, wenn man gerade etwas „Verbotenes“ tut und erwischt wird. Zum Beispiel, wenn man im Restaurant eigentlich von der Karte bestellt hat, trotzdem aber gern mal einen Bissen vom Buffet nehmen würde. Ausprobiert habe ich das aber noch nicht.