Punk für die Kleinen: Sascha Wolff erfand Rock'n'Roll-Kids
Die Tochter nicht an Klavierlehrer und Hello Kitty verlieren
Von Frank Weiffen für R2-Popsmart
Foto: Weiffen
Dürfte noch eine Punkrock-freie Kindheit verbracht haben: Rock'n'Roll-Kids Mastermind Sascha Wolff.
Düsseldorf/Duisburg. Der 41-jährige Düsseldorfer, der selber mit dem Punk aufwuchs und der Szene bis heute treu geblieben ist, verkauft nämlich Kinder- und Babykleidung, die es in keinem H&M, C&A und P&C gibt. Nein: Sascha Wolff verkauft Stoff gewordenen Rock’n’Roll für den Nachwuchs: Bei seinem Online-Versand „Rocknrollkids“ gibt es Strampler, Bodys, T-Shirts, Mützen, Pullis für Babys und Kleinkinder, auf denen Totenköpfe anstelle von Blümchen und Tierchen prangen. Auf denen nicht „Sweetheart“ steht, sondern „Social Distortion“ oder „Motörhead“. Natürlich: In erster Linie schmeichelt Sascha Wolff damit der Eitelkeit der jeweiligen Eltern, die bei ihm für den Sohnemann oder das Töchterchen einkaufen: Diese Mamas oder Papas frönen selber dem Punkrock-Lebensstil. Sie sind jung geblieben - und wollen ihren Nachwuchs nicht an Rosa, Hellblau, Rolf Zuckowski und den Klavierlehrer verlieren.
Und doch wäre es falsch anzunehmen, diese recht spezielle Form der frühkindlichen Erziehung bediene nur die Egos der Eltern. Sie trägt auch Früchte bei den Früchtchen. Das beste Beispiel, sagt Sascha Wolff und stellt die schwarze Kaffeetasse auf der edlen Leopardenfelldecke des Wohnzimmertisches ab, sei da seine kleine Joanna. Die ist sieben, muss gleich von der Schule abgeholt werden – und steht auf die Ramones, auf die Ärzte und auf Ska-Punk. Für Joanna ist es normal, wenn sie in der Reihenhauswohnung der Wolffs im Duisburger Süden - mit all seinen gepflegten Gärten, verkehrsberuhigten Zonen und Blümchen in den Küchenfenstern - herumtollt und dabei überall an Musik-Magazinen, Schallplatten und Schrank-Aufklebern mit Band-Logos oder der Silhouette der rebellischen „Clockwork Orange“-Gang vorbeikommt. Oder wenn sie über ihren an beiden Armen tätowierten Vater im „Social Distortion“-Shirt stolpert.
Bereits seit 1992 mit Wolverine-Records erfolgreich
Genau genommen gab Joanna sogar den Ausschlag für die „Rocknrollkids“-Idee: Eine Freundin der Familie brachte ihr - erst wenige Tage alt und mit der Mutter noch im Klinikum liegend - einen Ramones-Strampler aus den USA mit. „Ich war begeistert. Sowas hatte ich hier noch nie gesehen“, erinnert sich Sascha Wolff an diesen denkwürdigen Tag auf der Geburtsstation. Und weil er mit seinem Punkrock-Plattenlabel „Wolverine-Records“ bereits seit 1992 erfolgreich und erfahren im Online- und Postversand-Geschäft tätig war, entwickelte er flugs seine nächste Geschäftsidee: Er erkundigte sich in den USA bei Händlern von Rock-Kinderkleidung, schloss Verträge mit Zulieferern ab. Und brachte kurze Zeit später die ersten, frisch aus Übersee eingeflogenen Textilien ans brabbelnde, sabbelnde, krabbelnde Kindesvolk. Gelebtes „Gabba-Gabba-Hey!“ gewissermaßen.
Seite 1 von 2