Das Korean Girl über koreanische Gastfreundschaft

"Portemonnaie-Zück" –
Wettbewerbe in koreanischen Restaurants

Von Sun-Mi Jung für R2-Horizont

Foto: © David McNally

Welcome to Korea!
Eine der besten koreanischen Eigenschaften ist die legendäre Gastfreundschaft.

Dortmund-Seoul. Es gibt viele gute deutsche Eigenschaften. Pünktlichkeit, Genauigkeit, Ordnung, Sorgfalt. Und einige wenige schlechte, die aber so unwichtig sind, dass man sie hier vernachlässigen kann. Aber eine deutsche Angewohnheit fällt mir immer wieder auf und geht mir total auf die Nerven: Drei Menschen (es scheint sich dabei tatsächlich um Freunde zu handeln), sitzen in einem Restaurant an einem Tisch. Sie essen, sie trinken, sie unterhalten sich, sie lachen, sie haben viel Spaß. Am Ende des schönen Abends kommt die Kellnerin und rechnet ab. Sie stellt dabei sofort die Frage: zusammen oder getrennt? Und in 99 Prozent der Fälle lautet die Antwort: „Getrennt!“ Und das ist eine der schlechtesten deutschen Sitten, die ich kenne.

In Korea ist das nämlich alles ganz anders. Getrennte Rechnungen gehen gar nicht. Sie sind ein Ausdruck von Geiz, Neid und Missgunst, Egoismus, vielleicht sogar Armut und einen Fall für Schuldnerberater Peter Zwegat. Unter Koreanern ist das Begleichen der Rechnung IMMER eine Ehrensache. Daher entbrennt beim Bezahlvorgang auch immer ein kleiner „Streit“ unter den Parteien. Das fängt damit an, dass zum Ende eines Abends blitzschnell die Portemonnaies gezückt werden. Hat man den „Portemonnaie zücken“-Wettbewerb verloren, möchte aber trotzdem nicht den Eindruck von Armut oder Geiz erwecken, gibt es noch eine zweite Chance.

Festhalten am "Bezahl-Arm" oder heimlich zur Kasse schleichen

Man hält den Wettbewerbs-Sieger am „Bezahl“-Arm fest, redet laut auf ihn ein und hofft, ihn damit vom Zahlen abzubringen. Während dieses Manövers versucht man, die Rechnung selbst zu bezahlen. Wer sich diese umständliche und sehr stressige Situation ersparen möchte, schleicht sich zum Ende des Essens heimlich zur Kasse und bezahlt, bevor es irgendein anderer mitbekommt. Denn wenn nur eine einzige Person merkt, dass man „heimlich“ bezahlen will, kann es sein, dass man verfolgt, am Arm oder vielleicht sogar Bein festgehalten und totgeredet wird…

Foto: © Kexbox

Nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch im Restaurant legen Koreaner viel Wert auf Gastfreundschaft.

Gastfreundschaft ist ein wichtiger Wert in Korea. Eigentlich fast überall auf der Welt. Komischerweise nur nicht in Deutschland. Oder haben Sie schon mal zwei Frauen im Restaurant gesehen, die einander am Arm reißend und miteinander streitend zur Kasse gehen? Natürlich stellt dieses koreanische System des Einladens sicher, dass jeder einmal mit dem Bezahlen dran ist und sich unterm Strich das Konto sauber ausgleicht.

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Kommentare  

 
+1 #4 Redaktion 2011-05-06 14:15
Hallo Rüdiger,
danke für Deine "deutsche" Sicht der Dinge.

Man sieht, hinter dem harmlos anmutenden Begriff "Gastfreundschaf t" stehen eine ganze Gesellschaftsor dnung und Lebenseinstellu ng.
Sehr interessant!

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal,
Sun-Mi
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+1 #3 Rüdiger 2011-05-05 14:28
Hallo Sun-Mi
wenn ich mit Freunden essen gehe, zahlt in der Regel jeder selber, insbesondere bei höheren Rechnungen. Wenn einer aus der Gruppe Geburtstag hat, oder sonst was zu feiern ist, zahlt derjenige oft die Getränke.
Ich finde, der Vorteil dabei ist, daß man bestellen kann was man will, ohne hinterher ein schlechtes Gewissen haben zu müssen weil man ein zu teures Gericht bestellt hat und der andere das dann zahlen muß. Trotzdem denke ich, daß die Gastfreundschaf t in Deutschland sicher zu verbessern ist...

Gruß

Rüdiger
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+1 #2 Redaktion 2011-05-05 09:38
Hallo Andreas,
"Dutch pay" - das ist ja lustig! Wusste ich noch gar nicht. Umso wichtiger, dass interessierte Leser wie Du uns alle darauf aufmerksam machen.
Viele Grüße aus Dortmund,
Sun-Mi
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+2 #1 Andreas Kim 2011-05-05 09:00
Hallo Sun-Mi,

Du sprichst mir mal wieder voll aus dem Herzen mit diesem Artikel! Auch ich finde diese "jeder zahlt fuer sich selber und nur das, was er gegessen hat" Mentalitaet im Grunde genommen schrecklich. Das zeigt nach Aussen hin, wie sehr man in Deutschland nur auf sein Wohl und seine Finanzen bedacht ist. Von Gemeinschaftsge fuehl keine Spur...
Ich glaube, dass es in Deutschland den Menschen teilweise zu unangenehm ist, bei jemandem in einer Schuld zu stehen. Aber wer mag das schon? Nur versucht man wahrscheinlich durch dieses Verhalten, eine entstehende oder aufkommende Schuld von Grund auf zu vermeiden und erst gar nicht entstehen zu lassen.
Gut, ich bin es auch gewohnt getrennt zu zahlen, aber ich habe diese sehr soziale Art des Bezahlens in Korea zu schaetzen gelernt! Es vermittelt wirklich ein gutes Gefuehl, etwas gemeinsam erlebt zu haben und da der oder die Gegenueber auch so denken, kann man sich sicher sein, dass der andere beim naechsten Treffen zahlen wird.

Dennoch ist das Gemeinschaftsge fuehl, sowie der Zusammenhalt unter den Menschen in Korea sehr viel ausgepraegter als in Westeuropa. Das liegt wiederum an historischen Gegebenheiten, welche zu Erklaeren den Rahmen hier wohl sprengen wuerde.

Finanztechnisch gesehen spart man sich sogar Trinkgeld, wenn nur einer zahlt, als wenn jeder seine Rechnung aufrunden wuerde...

Zum Schluss noch die Anmerkung, dass in Korea "getrennt zahlen" interessanterwe ise "dutch pay" genannt wird und mittlerweile auch akzeptiert ist.

In diesem Sinne: Mahlzeit!
LG, Andreas
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