Ein Vormittag als Werbefigur: Ich als Ice Watch-Männchen

Ich bin 'ne Uhr, holt mich hier raus!

Von Peter Joerdell für R2-Stilikone

Foto: Joerdell

Da steht der R2-Chefredakteur - Ähnlichkeiten mit Bernd das Brot sind rein zufällig.

Solingen. Her steh' ich nun - ich kann nicht anders. Aber da hört die Gemeinsamkeit mit Martin Luther auch schon auf. Was aber völlig okay ist, schließlich bin ich katholisch. Aber eine Uhr - eine Uhr bin ich noch nie gewesen. Und ich war schon viele Dinge... an Karneval und Halloween et cetera. Diesmal aber hat es mich richtig erwischt. Anlässlich der Solinger Lichternacht veranstaltet Juwelier Leiber eine Sonderaktion zum Thema Ice Watch (Sie wissen schon, diese modischen Uhren, die unter anderem dadurch zu medialem Ruhm gelangten, dass sie in einer Ausstrahlung von Germany's Next Topmodel zu sehen waren). Und da meine Schwester dort arbeitet, bin ich dran - ab ins Uhrenkostüm. "Wir brauchen jemanden, der mindestens 1,80 Meter groß ist für den Job - also sei am Samstag pünktlich da..."

Pünktlich bin ich nicht. Aber da. Mit etwas Mühe werde ich von der Geschäftsleitung in das Kostüm verpackt - und fühle mich wie in einer Mischung aus Outbreak und einem beliebigen SF-Film mit Raumanzügen (Alien oder aber schlicht Moon). Das Ungetüm um mich herum verfügt über eine eigene Pumpe. Sie bläst das voluminöse Etwas auf, nachdem ich innen die Kontakte in den Akku gesteckt habe. Ich werde zu Ice Watch-Man - und stakse durch die Solinger Fußgängerzone wie ein Wesen von einem anderen Stern. Sogleich kommt mir ein Amplifier-Song in den Sinn: "I'm in here, she cried, human inside..."

Hilfe! Ich habe das Format von Bernd das Brot

Drei Sichtfenster (nach vorn und zu den Seiten) sowie ein reichlich eingeschränktes Hörvermögen sind meine einzige Verbindung zur Außenwelt. Ansonsten stakse ich vor mich hin, winke Kindern und habe panische Angst, jemanden anzurempeln. Winken kann ich übrigens lediglich rudimentär - auch die Hände des Ice Watch-Männchens sind unglaublich aufgebläht wie nach einer allergischen Reaktion, die vermutlich einen Elefanten getötet hätte. Im Grunde genommen, fällt mir auf, habe ich das Format von Bernd das Brot. Was auch andere Leute bemerken. Kaum stecke ich zehn Minuten in meiner Montur, sind auch schon drei Jugendliche mit undefinierbarem Migrationshintergrund zur Stelle, um an diesem schönen Samstagvormittag gemeinsam mit mir zu posieren und ein Foto mit dem Handy zu schießen. Einer dreht sich noch kurz um, zeigt mir den emporgereckten Daumen, klopft gegen meinen wabbeligen Luft-Sarkophag und meint: "Ey Mann, isch hab Mitleid mit Dir, krasser Job!" Danke Junge. Wenn ich das wirklich machen würde, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, wäre das gewiss genau der Kommentar, den ich immer wieder gern höre...

Eins ist mir nämlich schon nach ein paar Runden und eine halbe Stunde später klar: Als Werbefigur in dieser aufgeblähten ABC-Schutzmontur luftdicht versiegelt rumzulaufen mit einer ständig worbelnden Elektropumpe an der rechten Seite ist echte körperliche Arbeit - besonders bei Sonnenschein. Zum Glück habe ich meine Brille abgenommen, sonst würde sie wohl im Anzug so beschlagen, dass ich nichts sehen könnte. Mein Highlight sind aber die ganze Zeit über die Kinder, die an mir vorbeilaufen oder aber im Kinderwagen vorbeigeschoben werden. Winke winke! Es funktioniert wirklich! Sie strahlen und winken zurück.

"Da ist ja ein Mensch drin!" - richtig, liebe Kinder!

Aber es gibt auch die aufdringliche Sorte, die wie ein Rudel Hyänen immer engere Kreise um mich zieht, bis sie komplett zum Angriff übergeht. "Da ist ja ein Mensch drin!!!" Helm ab zum Gebet - jetzt, wo ihnen das aufgefallen ist, gibt es für diese kleinen Monster, ähm, ich meine natürlich die lieben Kleinen, kein Halten mehr. Ein vorbeitrottender Teenager wird auch neugierig, muss sich durch einen Blick durch mein Sichtfeld davon überzeugen dass ich "kein bekackter Roboter bin". Ich frage ihn wie's aussieht - er tritt ein paar Schritte zurück und antwortet: "Also ich zähle fünf, aber dahinten kommen noch Zwei..." Danke Kumpel. Der tote Winkel eines Ice Watch-Kostüms ist einfach riesig.

Foto: Joerdell

In einem Punkt kann ich Sie beruhigen: Die Hunde laufen einem nicht nach. Man kommt auch schlicht nicht schnell genug vorwärts dafür...

Meine zweite Stunde als menschliche Weich-Uhr bin ich damit beschäftigt, zu verhindern dass eine Horde schlecht beaufsichtigter Kinder versucht, mich in meine Bestandteile zu zerlegen. Sie sitzen auf meinen Füßen, beißen in meine Finger als ich unvorsichtig genug bin ihnen meine Hand zu geben, sie halten die Lüftung der Pumpe zu, Boxen und Treten sind Standard (aber davon merke ich zum Glück kaum etwas). Als sie sich anschicken, mich mit vereinten Kräften umzuwerfen, bekomme ich es für einen kurzen Moment mit einer Welle aufsteigender Panik zu tun. Zum Glück eilt just in diesem Moment eine Kollegin meiner Schwester vom Promo-Stand herbei und rettet die menschliche Ice Watch. Im Gegensatz zur Reaktion auf meine Appelle auf eine Behandlung gemäß der Genfer Konventionen gehorcht die Rasselbande. Der Teil, der bleibt, benimmt sich anständig. Die, die weiterziehen, sind einfach der sadistischere Part der Gruppe, der jetzt das Interesse verliert. Wann hatte ich eigentlich zuletzt "Herr der Fliegen" gelesen?

Jeden Tag möchte man das nicht machen - aber es war ein Spaß...

Nach rund zwei Stunden werde ich auf meiner Uhr-tümlichen Kostümierung geschält und wundere mich, wie kalt es draußen ist. Dafür kann ich mein Band-Shirt (Manowar) und meine Jeans auswringen. Und ich bin um eine unglaubliche Erfahrung reicher. Als Werbefigur herumlaufen ist jetzt nichts, was ich jeden Tag tun wollen würde. Aber an diesem sonnigen Samstag in Solingen hat es Spaß gemacht - und unter ähnlichen Vorzeichen ließe ich mich vielleicht auch wieder dazu überreden. Wenn ich nicht jetzt schon genau wüsste, dass meine Schwester mich schlicht wieder einfach per Befehl einbestellen wird. Du bist eine Werbefigur. Widerstand ist zwecklos.

Die "Sponsoren" dieses Berichts - Danke an das Juwelier Leiber-Team!

www.juwelier-uhren-schmuck-solingen.de

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