Das Korean Girl über seine Einwanderungsgeschichte
Korean Girl – Wie alles anfing…
Von Sun-Mi Jung für R2-Horizont
Foto: Jung
Und das bin ich vor der koreanischen Nationalflagge. In der Mitte das Symbol für Ying und Yang. Die vier Zeichen in den Ecken stehen für die Elemente Feuer, Wasser, Himmel und Erde.
Dortmund. Manchmal werde ich aus heiterem Himmel vom fremden Menschen gefragt, wo ich herkomme, wie lange ich schon hier lebe und warum ich hier bin. Wissen Sie, wie ich dann antworte. Genau so: Ich bin ein „Korean Girl“. Meine Eltern sind vor langer Zeit aus einem sehr fernen und immer noch fremden Land ins deutsche Ruhrgebiet eingewandert. Sie sind keine richtigen Koreaner, aber natürlich auch keine richtigen Deutschen. Auch wenn einer von ihnen mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hat und meine Eltern damit eine „binationale Ehe“ führen. Sie sind auch nicht „halb-halb“, wie es vielleicht Kinder aus Mischehen sind, die abwechselnd in zwei verschiedenen Kulturen aufwachsen.
Wie anstrengend und spannend meine Kindheit war...
Sie sind Koreaner, die aber schon lange ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben und als Migranten in Deutschland ein nicht immer vollständig integriertes Leben führen, welches manchmal auf Heftigste mit ihrer Herkunft und tradierten Werten kollidiert. Bis heute. Und ich – ich bin das Kind dieser Eltern. Sie können sich vorstellen, wie anstrengend und spannend meine Kindheit gewesen sein muss. Und zwar für alle Beteiligten…
Meine Geschichte beginnt aber lange vor meiner Geburt im beschaulichen Waltrop/NRW. Sie beginnt in einem bitterarmen und rückständigen Entwicklungsland namens Südkorea, gebeutelt von Jahrzehnten der japanischen Kolonialzeit und dem Korea-Krieg und mitten während der Diktatur von Park Chung-Hee in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. In den 60er und 70er Jahren waren meine Eltern noch sehr jung. Jünger als ich es jetzt bin.
Und sie waren, nach den wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Wirren der letzten Jahrzehnte, die ihre Kindheit und Jugend geprägt hatten, hungrig auf ein besseres Leben. Vielleicht waren sie auch ein wenig abenteuerlustig. Auf jeden Fall hatten sie keine Angst vor Neuem. Denn sonst hätten sie sich nie von einem kleinen, europäischen Land, welches so merkwürdige Speisen, wie Roggenbrot und Salzkartoffeln zu seinen Grundnahrungsmitteln zählt, als Gastarbeiter anwerben lassen.
Denn mit dem wirtschaftlichen Weiterkommen des Einzelnen war es zu dieser Zeit nicht so einfach in Südkorea. Der Aufstieg zu einer weltweit anerkannten Industrienation, die mit Marken wie Samsung sogar dem amerikanischen Idol Apple ernsthafte Konkurrenz macht und mit ihrer Popkultur zumindest den asiatischen Kontinent erobert, war damals noch lange nicht in Sicht.
Ein Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Südkorea
Anfang der 70er Jahre, als meine Eltern sich zur Auswanderung entschlossen, legte der diktatorische Präsident Park Chung-Hee mit seiner gnadenlosen Wirtschaftspolitik gerade erst die Grundlagen für eine wohlhabende Industrienation. Selbstverständlich auf Kosten der Demokratie und des gemeinen Volkes, welches für den wirtschaftlichen Erfolg der Nation ausgebeutet wurde. Aber man kann ja nicht alles gleichzeitig haben. Koreaner sind aber auch ziemlich empfänglich für autoritäre Systeme. Ich glaube, das hat kulturelle Ursachen. Hierarchie ist sehr wichtig in Korea!
Und so kam es, dass meine Eltern unabhängig voneinander nach Deutschland gehen wollten. Als Krankenschwester und als Bergmann ins Ruhrgebiet, wo der Strukturwandel noch nicht begonnen hatte und man mit Kohle und Stahl die ganze Nation am Laufen hielt. Oder so ähnlich.
Seite 1 von 3
Kommentare
Du hast also auch zwei so tapfere "Tigereltern" :-) Wundert mich jetzt aber nicht weiter...
Falls Du morgen beim "Kulturtag Korea" ein Foto machen kannst und willst, würde ich mich freuen, wenn Du mir eines zuschickst. (sjr2inside.de).
Ich kann nämlich morgen leider nicht dabei sein...
Viele Grüße aus Dortmund,
Sun-Mi
immer wieder herrlich Deine Geschichten zu lesen! Diesmal konnte ich sogar einige Parallelen zu meiner Familie finden.
Auch mein Vater ist 178 cm gross und kommt aus dem Süden (Nähe Daegu), meine Mutter ist 160 cm gross und stammt aus Seoul ;-).
Meine Eltern sind auch getrennt voneinander nach Deutschland gekommen, allerdings bereits Anfang der 60er Jahren. Da mussten Sie sich ja treffen, denn ich vermute stark, dass sie damals die beiden einzigen Koreaner im süddeutschen Raum waren.
Somit aber war das Anwerbeabkommen für meine Eltern nicht ausschlaggebend . Meine Mutter war sogar eine der Personen, die die ersten Krankenschweste rn von Korea nach Deutschland brachte, u.a. auch ihre breiden jüngeren Schwestern, die beide noch in Düsseldorf bzw. Nahe Köln leben.
Diesen Samstag findet in Frankfurt der jährliche "Kulturtag Korea" im Grüneburgpark statt. Dort gibt es einen koreanischen Garten, der anlässlich der Buchmesse Frankfurt im Jahr 2005 angelegt wurde. Korea war 2005 das Gastland der Buchmesse.
Dieser Garten ist eine Geschenk von Korea an Deutschland, der im Rahmen der kulturellen Veranstaltungen 2005 in ganz Deutschland angelegt wurde.
Morgen feiern und erinnern wir also an die wundervolle Beziehung zwischen Korea und Deutschland!
...und heute Abend, Daumen drücken!
LG, Andreas
danke für Deinen Beitrag!
Tja, wir haben schon tolle Eltern! Wenn man bedenkt, welche Hindernisse sie in ihrer Vergangenheit genommen haben, um uns "Gastarbeiterkin dern" unser heutiges Leben zu ermöglichen... Wow!
Liebe Grüße, auch an Deine Eltern,
Sun-Mi
Sie sind nach wie vor Koreaner, allerdings recht altmodische, wie unsere Verwandten in Korea anmerken würden. Denn meine Eltern repräsentieren eher das Korea der 1960er Jahre. Und sie haben erstaunlich viel Wissen aus früheren Zeiten konserviert.
Als junge Menschen haben sie allerdings schon ihre Freiheiten hier genutzt. Meine Mutter hat z. B. gern deutsche Gerichte ausprobiert, mein Vater ist mit dem Moped bis nach Paris gefahren. ^^
Alle Kommentare dieses Beitrages als RSS-Feed.