München, Hamburg und Berlin - und wir bleiben trotzdem hier
Karriere um jeden Preis:
Muss es immer "woanders" sein?
Von Peter Joerdell für R2-Mein Leben
Foto: © Hans-Jürgen Wiese, License: cc-by-sa-3.0
Überschaubarkeit, Bodenständigkeit und Idylle sind vielleicht weniger glamourös, aber verringern auch das Burn-out Risiko.
Gemälde: Franz Wilhelm Harsewinkel
Auch die Auswanderung in die USA hat
nicht für jeden den gewünschten Erfolg
mit sich gebracht.
Rhein-Ruhr. Die R2-Region ist schön. Ihre (Industrie-)Landschaften weltberühmt. Das hier ist keine Weißbier-Werbung, die Ihnen etwas weiß machen will. Warum eigentlich immer Karriere um jeden Preis? Genau DAS will man uns nämlich weiß machen. Das, und dass hier, „in der Provinz“, nichts geht. Erstaunlich, wie man inzwischen sogar Köln und Düsseldorf zur Provinz rechnet. Neulich ist wieder ein guter Bekannter von mir „nach Berlin gegangen“. Fast so, als wären wir Iren inmitten der Potatoe Famines auf der Grünen Insel, mitten im Ersten Weltkrieg, im Jahr 1916. Als hinge unser materielles Leben davon ab, alles in die Tonne zu treten, soziales Umfeld, Familie, Freunde, am Ende die aktuelle Partnerschaft, eben alles. Berlin, Siegessäule, Currywurst und Ku' damm, Ärzte und Kreuzberg, das kommt inzwischen vielen so vor wie NYC, Freiheitsstatue, Hamburger und Fifth Avenue, die Ramones und Brooklyn. Dabei ist Berlin… doch einfach nur Berlin. Aber gut, wir wollen nicht schon wieder gegen Berlin und die Berliner schießen, das hat ja unser R2-Reporter Frank Weiffen schon zur Genüge erledigt. Oft genug sind es ja auch München oder Hamburg. Einfach diese gelobten Länder, wo Milch und Honig fließen. Oder eben auch nicht. Aber das lässt man sich dann nicht anmerken.
Foto: © 4028mdk09, License: cc-by-sa-3.0
Die Karrierekarawanen fahren meist an der vermeindlichen Provinz vorbei.
Worum es heute geht, ist doch einfach die Tatsache, dass Karriere um jeden Preis ja wohl nicht alles sein kann. Das ständige Leben auf Abruf, das Nie-Wissen, was in fünf Jahren sein soll, oder wo man dann ist, dieses ständige Gefühl des „the grass is always greener on the other side“. Wir leben unser Leben in einem ständigen Konjunktiv, wenn wir uns selbst stets versagen, irgendwann einmal auch irgendwo anzukommen. Das tut auf die Dauer keinem Menschen gut.
Den Dom lässt man schließlich auch in Köln...
Warum muss man immer nur strampeln, um ins Bild zu passen, das sich irgendwer von einem macht? Und vor allem – warum muss man immer da etwas reißen, wo einen keiner kennt und wo es eigentlich (vermutlich) auch kaum jemanden interessiert? Ich muss dann immer an das Karnevalslied und den Dom denken: „Wat soll de dann woanders, dat hätt doch keene Sinn!“ Dem Dom wird mit einer Selbstverständlichkeit zugestanden, dass er doch bitte schön ein Zuhause hat, wo er hingehört. Der moderne Karriere-Nomade hingegen hat gefälligst ein sozial-kastriertes Wesen zu sein, das überall zwar schnell, aber nur oberflächlich Wurzeln schlägt. Bis die Lampe wieder angeht und Pawlows Hund unglaublichen Speichelfluss bekommt, weil der nächste mit einem unglaublichen Gehaltsscheck winkt.
Foto: © Raymond - Raimond Spekking, License: cc-by-sa-3.0
Jedes Jahr Sonderurlaub. Das gibt es definitiv nur im Rheinland: Sonderurlaub an den tollen Tagen, eine Selbstverständlichkeit, auch auf Vorstandsebene.
Dass man bei einer 60 Stunden Woche, wenn man alles auf die selbstverständlichen Überstunden umrechnet, die ja gefälligst zu erwarten sind, zu Hause bei einer 40 Stunden Woche in einem weniger glamourösen, aber auch weniger anstrengenden Job (der aber nicht weniger interessant sein muss) auf die reine Zeit umgerechnet im Verhältnis genauso gut verdienen würde, darüber denkt keiner nach.
Verbringen Sie gern Ihr Leben auf gepackten Koffern? Wir von R2inside jedenfalls nicht. Deshalb lassen wir auch den Dom in Kölle – und uns in der R2-Region. Denn woanders – woanders kann jeder.
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