Fußball-Muffel atmen auf: Sozialer Druck derzeit gering
Ein Hoch der Frauen-WM!
Von Peter Joerdell für R2-Sportskanone
Foto: dontworry
Ob es auch in diesem Jahr so einen furiosen Empfang auf dem Römerbalkon geben wird, wie 2007?
Rhein-Ruhr. Ja, die Frauen-WM – das kleinere von zwei Übeln, zumindest für Leute wie mich, die eigentlich keine großen Fußballfans sind. Das Schlimmste, was mir während einer WM mal passiert ist, war als ich 2006 in Remscheid auf dem Weg zu einer (fußballfreien) Grillparty in Hückeswagen eine geschlagene Stunde im Stadtzentrum mitten im hupenden Auto-Korso stand und nichts mehr ging. Das Beste, was mir 2010 passiert ist, war die Tatsache, dass ich beim Einkaufen während eines Deutschland-Spiels tatsächlich einmal eine komplette Kaufland-Filiale für mich allein hatte. Das Schönste, was ich über die Frauen-WM bisher sagen kann, ist dass beide Extreme irgendwie ausbleiben. Ich kann in Ruhe hier im Café in Düsseldorf sitzen und diesen Text schreiben, trotz eines Deutschland-Spiels – vor dem Plasma-TV in der Ecke haben sich lediglich fünf bis zehn reisende (Fußball-)Enthusiasten zusammengerottet (und das ist im Falle der Frauen-WM ja schon eine Menge).
Foto: Heinrich-Böll-Stiftung
Bundestrainerin Silvia Neid:
Bisher läuft es bei den Damen gut.
Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Ich habe nichts gegen Frauen-Fußball. Auch nichts dafür. Außer tiefem Respekt. Denn ich werde nie so mit dem Leder umspringen können, wie diese Mädels. Das wird einfach nie drin sein. Die können es, und ich nicht. Außerdem verstehen sie dieses Spiel, von dem ich immer wieder den Eindruck habe: Okay, man kann auch Kernphysik studieren, schwieriger als die Abseitsregel kann das wohl nicht sein (warum zum Teufel studieren dann nicht mehr Leute Kernphysik? Klar, weil man als Profi-Fußballer(in) besser verdient).
Besser als "ab in den Urlaub" mit Michael Ballack...
Jedenfalls – die Frauen-WM! Ist doch nett – die Leute sind entspannter, die Werbung mit den deutschen Spielerinnen etwa für einen speziellen neuen Kommunikationsservice eines ehemaligen großen Staats-Monopolisten ist deutlich besser, als die Aussicht mit Michael „cool hier, cool da“ Ballack „ab in den Urlaub" geschickt zu werden, und es erwartet auch keiner, dass man am nächsten Morgen irgendwelche Spielzüge aus dem Effeff herzitieren oder analysieren kann im Büro am Kaffeeautomaten. Und wenn einer was über die besten Spielerinnen hören will, dann mache ich einfach eine gravitätische Miene wie dieser Trucker in dem Trailer der Öffentlich-Rechtlichen zur WM, und sage einfach, mit einem Brummen wie ein Yakuza-Boss und mit gerunzelter Stirn: „Birgit Prinz…“
Foto: Steffen Löwe
Ein Länderspiel aus dem Jahr 2007: Längst steht Frauen-Fußball in dem Ruf, der "bessere Fußball" zu sein.
Also liebe Leute – besonders wir Fußballmuffel sollten uns mit der Kritik an der Frauen-WM zurückhalten. Denn irgendwann, irgendwann ist aus Sicht all der (die Mehrheit stellenden) Fußball-Nerds wieder die wirkliche, die richtige WM, wo echte Männer harten Fußball spielen und Abseits nicht dann ist, wenn der Schiri eine Fahne hat, sondern wenn sich harte Typen im Zweifelsfall auch mal wegen einer Entscheidung auf dem Rasen prügeln. Also zelebrieren wir die Frauen-WM. Eine Form von Fußball, die einfach zu allem passt, was man an Weiblichkeit schätzen kann und sollte: Fairness, Zivilisiertheit, und Verständnis für Minderheiten, die keine große Lust auf überbordenden sozialen Druck haben. Während der Frauen-WM hat mich jedenfalls noch niemand angesprochen, wo denn die Fähnchen an meinem Auto seien. Das wird bei der nächsten WM der Herren garantiert wieder anders aussehen. Aber bis dahin ist ja noch etwas Zeit. Und dann kenne ich sicher auch mehr von unserem Kader, als nur den Namen einer einzigen Spielerin. Versprochen, liebe Fußball-Damen und Freunde des „Female Football“.
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