Das "Korean Girl" über koreanische Wohnsitten
Ein Leben auf dem Fußboden
Von Sun-Mi Jung für R2-Horizont
Foto: Jung
Das "Korean Girl" vor einem traditionellen, koreanischen Pavillon.
Rhein-Ruhr/Seoul. Korea ist ja ein sehr exotisches Land. Die Leute sehen ganz anders aus als der durchschnittliche Europäer. Die Sprache ist, nimmt man die indogermanischen Sprachen zum Maßstab und Internationalismen, wie „World Cup“, „Pizza“ oder „Paris“ einmal heraus, nahezu unverständlich. Das Essen ist äußerst schmackhaft, aber für den westlichen Gaumen sehr gewöhnungsbedürftig. Und auch das Wohnverhalten unterscheidet sich erheblich von dem im westlichen Teil der Welt.
Foto: Jung
Koreanisches Wohnen findet auf dem Fußboden statt. Das Bild zeigt die privaten Räume im königlichen Palast in Seoul. Heute ein öffentlich zugängliches Museum.
Nehmen wir zum Beispiel das Haus meiner Oma. Es liegt in den Bergen der Provinz Kyongsangdo in Südkorea. Eine einzige, einspurige Straße führt zu ihrem „Dorf“, wenn man die Ansammlung der dreieinhalb Häuser überhaupt so nennen darf. Es gibt keine Verkehrs- oder Straßenschilder und schon gar keine Ampeln. Noch nicht einmal einen Kreisverkehr. Alles sehr pittoresk. Aber so etwas gibt es natürlich auch in Europa und Amerika.
Ein traditioneller koreanischer Hauseingang
Auch von außen unterscheidet sich Omas einstöckiges Haus nicht wesentlich von westlichen Häusern. Es hat vier Wände und ein Dach, wobei das Dach vielleicht ein bisschen geschwungener ist als hiesige Dächer. Will man die erheblichen Unterschiede zu westlichen Häusern erkennen, muss man ins Haus gehen.
Foto: Jung
Essen und Trinken auf dem Fußboden.
Mit dem Hauseingang fängt es an. Ein traditioneller koreanischer Eingang besteht aus einer großen Schiebetür, die man im Sommer ganz weit öffnen kann. Damit vergrößert sich der Innenraum des Hauses um die überdachte Veranda, auf der man bei gutem Wetter so schön sitzen kann. Allerdings muss man dabei auf einen Stuhl oder eine Bank verzichten. Denn Sitzmöbel gibt es in Omas Haus nicht.
Das Leben in einem traditionellen koreanischen Haus, und Omas Haus ist ein traditionelles, spielt sich auf dem Fußboden ab. Das ist auch der Grund, warum in Korea Schuhe immer am Eingang ausgezogen werden. Hier, auf dem Boden wird gesessen, gegessen und - auf dünnen, zusammenrollbaren Matratzen - auch geschlafen. Geheizt werden die Häuser nämlich mit einer Fußbodenheizung. Daran hat sich heute nichts geändert. Der traditionelle Holzboden, der über der Heizung liegt, ist im Sommer angenehm kühl und im Winter, wenn er beheizt wird, schön warm. Kein Wunder, dass man diese altmodische, aber effektive Klimaanlage möglichst gut ausnutzen wollte und die Nähe zum Fußboden suchte. Was allerdings zur Folge hatte, dass Sessel, Sofas, Stühle, Hocker und Betten im „alten“ Korea so gut wie unbekannt waren.
Klingt gar nicht so dramatisch? Von wegen. Die unterschiedlichen Sitzgewohnheiten in Ost und West sind für beide Seiten gewöhnungsbedürftig. Für mich (den Westen), weil das stundenlangen Sitzen auf dem harten Fußboden ungewohnt und bereits nach kurzer Zeit sehr schmerzhaft ist. Okay, manchmal gibt es dünne Sitzkissen, aber eben nicht immer. Hinzu kommt, dass eine junge, aber auch alte koreanische Dame sich nicht einfach so hinpflanzen darf. Früher, als die Röcke alter koreanischer Kleidung noch bodenlang und bauschig weit waren, wurde ein Fuß aufgestellt und das andere Bein im halben Schneidersitz drunter gelegt. Das war vergleichsweise bequem. Und so genau konnte das sowieso keiner überprüfen, weil der lange, weite Rock ja alles verbarg. .
Seite 1 von 2
Kommentare
die Toiletten waren bei meiner Oma früher auch draußen. Aber das ist erstens Gott sei dank vorbei und zweitens war das noch "vor meiner Zeit". Aber ich erinnere mich an die Erzählungen meiner Mutter, die mitten in der Nacht den Vater weckte, weil er ihr den Weg zur Außentoilette leuchten musste...
Mit einem "Schuhbild" kann ich leider nicht dienen. Obwohl das eine sehr gute Idee ist. Vielleicht hast Du ja eines?
Hohe Zimmertemperatu ren - ja, die kenne ich auch. Ist auf jeden Fall eine "Korean Girl"-Folge wert :-)
Danke für die Anregung und vor allem den ausführlichen Kommentar.
Viele Grüße aus Dortmund,
das "Korean Girl"
ich kenne die Architektur alter koreanischer Häuser nur aus Erzählungen meiner Eltern...da waren die Toiletten auch noch draussen...brrrr! Im Winter nicht angenehm, aber wir sind ja auch mittlerweile eine verweichlichte Generation *grins.
Teilweise haben Wohnungen in Korea immer noch keine Sitzmöbel, aber warum auch, wenn es sich auf dem warmen Fussboden angenehm sitzen lässt? Deswegen gibt es im Eingangsbereich meisst ein Schuhchaos, da alle ihre Schuhe dort ausziehen müssen. Hast du kein Bild davon? Da würde jede ordentliche deutsche Hausfrau die Hände über den Kopf zusammenschlage n...
Wir hatten in Seoul auch kein Sofa im Wohnzimmer, sondern nur eine etwas dickere Decke am Boden ausgebreitet und ein Rückenkissen an der Wand.
Das längere Sitzen beim Essen ist in der Tat anstrengend, obwohl ich ja als Mann im Schneidersitz sitzen darf. Ich kann mir vorstellen, dass es als Frau im Rock manchmal ganz schön kompliziert sein kann, artig und damenhaft zu sitzen.
Für Europäer sind diese Traditionen bestimmt anfangs sehr ungewohnt: Schuhe ausziehen in fremden Wohnungen, Sitzen auf dem Boden, teilweise Schlafen auf dem Boden, Essen im Sitzen, etc.
Passend im Anschluss dazu, könnte als nächstes Thema die relativ hohen Zimmertemperatu ren in koreanischen Wohnungen beschrieben werden und warum Koreaner auch im Winter nur mit T-Shirts zu Hause rumlaufen...
Bis dahin,
LG Andreas
Alle Kommentare dieses Beitrages als RSS-Feed.