Das Korean Girl über die koreanische Schrift Hangul
Keine Hangul-Kenntnisse, keine öffentliche Toilette...
Von Sun-Mi Jung für R2-Horizont
Foto: © jared (Lizenz)
Neben der koreanischen, werden auch die chinesische Schrift und das westliche Alphabet in Korea gebraucht.
Dortmund. Was haben die Gittermuster einer traditionellen koreanischen Tür und die Muster, die eine Seidenraupe in Maulbeerblätter frisst, gemeinsam? Beide sollen als Vorlage für das koreanische Schriftbild gedient haben. Zumindest der Legende nach. Die moderne Sprachwissenschaft führt die koreanischen Schriftzeichen momentan auf die Phagspa-Schrift zurück, die wiederum auf die tibetische Schrift zurückgeht. Ob nun Tibet, eine koreanische Tür oder eine asiatische Raupe, ohne die Kenntnis von Hangul, wie die koreanische Schrift heißt, kann man in Korea noch nicht einmal eine öffentliche Toilette aufsuchen. Eine Speisekarte bleibt ein Buch mit sieben Siegeln. Und Straßenschilder sind völlig nutzlos. So fühlt sich also Analphabetismus an…
Hangul lesen wie eine Fünfjährige
Ich kann natürlich koreanisch lesen und schreiben. Zumindest auf dem Niveau einer Fünfjährigen. Also sehr langsam und ziemlich wackelig. Aber zuverlässig! Es dauert halt nur etwas länger. Vor allem, wenn man es mit meiner deutschen Lese- und Schreibgeschwindigkeit vergleicht, die überdurchschnittlich schnell ist.
Das liegt meiner Meinung daran, dass ich erst sehr spät (koreanisch) lesen und schreiben gelernt habe. Nämlich mit zehn Jahren! Bis dahin war ich eine koreanische Analphabetin. Irgendwie hat niemand aus meiner Familie daran gedacht, mir neben dem Koreanisch sprechen und hören auch noch lesen und schreiben beizubringen. Das kam erst mit dem Wechsel zur weiterführenden Schule, wo ab der fünften Klasse plötzlich Englisch auf dem Stundenplan stand.
Bei meinem kleinen Bruder (sieben Jahre jünger als ich), war man schon besser auf diese Notwendigkeit vorbereitet. Ihm brachten meine Eltern Hangul gleichzeitig mit dem europäischen Alphabet bei. Also ungefähr mit fünf Jahren. Er liest heute viel schneller als ich. Auch wenn er nicht immer alles versteht, was er da gerade vorliest.
50.000 Schriftzeichen wie die Chinesen?!?
Dabei ist Hangul eigentlich eine sehr einfache Schrift. Die meisten Deutschen erschrecken ja immer bei dem Gedanken, eine ostasiatische Sprache, wie Koreanisch, Chinesisch oder Japanisch lernen zu müssen. „Aber diese vielen fremden Schriftzeichen“, heißt es dann oft spontan. Nun, die Chinesen haben sich im Laufe der Jahrtausende um die 50.000 Zeichen ausgedacht. Wahrscheinlich alles reine Schikane, um die weniger Intelligenten, zumindest weniger Fleißigen aus der Gesellschaft auszuschließen und intellektuelle Monopole zu bilden. Mal ehrlich: Wer kann sich schon 50.000 (!) Zeichen merken?
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Kommentare
freut mich, mal wieder von Dir zu lesen :-)
Zur deutschen Aussprache koreanischer Wörter könnte ich auch ellenlange Geschichten erzählen:
Das "U" in meinem Vornamen "Sun-Mi" gibt es im Deutschen nämlich nicht... Der Laut ist eine Mischung zwischen "U" und "O". Was bedeutet, dass KEINER meiner deutschen Freunde/Bekannte/Kollegen meinen Namen "richtig" ausspricht... Aber man gewöhnt sich an alles.
Ich bin übrigens froh, dass Du auch Probleme mit dem koreanischen Lesen hast/bekommst. Da fühlt man sich weniger allein...;-)
Viele Grüße aus Dortmund,
Sun-Mi
nach langer Zeit wollte ich mal wieder meinen "Senf" dazugeben...;-).
Ich habe die koreanische Sprache erst nach ca. genau 30 Jahren wieder erlernt. Bis 4 Jahren habe ich nur koreanisch gesprochen und gesungen (Nabi ja, Nabi ja...), ab dem Kindergarten dann aber nur noch deutsch.
Koreanisch ist wirklich einfach zu lernen, weil die Sprache sehr strukturiert und logisch aufgebaut ist.
Das Schwierige ist eher die Aussprache mancher Worte, da es viele Laute im Deutschen einfach nicht gibt. Daher auch die vielfältigen englischen Schreibweisen von koreanischen Namen und Begriffen. Heisst die Stadt nun Busan oder Pusan?
Ich habe immer noch meinen deutschen Akzent im koreanischen, den bekomme ich auch nicht mehr raus. Lesen wird immer schwieriger, da ich nicht regelmässig Kyoposhinmun o.ä. lese. Dann ist man schnell draussen. Mit dem Schreiben ist es ähnlich.
Frage mich allerdings, warum man in Korea nicht einfach die Zeichen für Mann oder Frau als Symbol oder Bild verwendet...?
Ach beim Thema WC fallen mir immer zwei Dinge ein, die typisch für Korea sind: Telefonieren auf dem WC und das Klopfen an die Türen (von innen wie von aussen), um festzustellen ob frei ist (haben in Korea anscheinend immer noch nicht begriffen, dass es mittlerweile abschliessbare WC Türen gibt ;-)).
Schöne Woche noch,
LG Andreas
das ist ja faszinierend! Die koreanische Schrift verbreitet sich langsam aber sicher über den Globus...
Danke für den Hinweis,
Sun-Mi
en.wikipedia.org/.../...
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