"Headbanker" aus Leverkusen: 13 Mal größtes Metal-Fest der Welt
"Nach Wacken ist vor Wacken"
Von Frank Weiffen für R2-Popsmart
Fotos: Frank Weiffen
Vier, fünf Tage Leben im Ausnahmezustand. Ein Festival wie Wacken ist vor allem eins: gnadenlos.
Leverkusen/Wacken. Los geht es meist am Mittwoch. Dann steht Uwe Pöschke nachmittags daheim in Leverkusen und betont das Credo, mit dem er Jahr für Jahr seinen Ausbruch aus der Normalität rechtfertigt: „Es ist das Miteinander“, sagt er. „Das Miteinander zwischen Einwohnern, Fans und Künstlern. Das ist einfach zu einmalig, um nicht immer wieder hinzufahren.“ Uwe meint Wacken. Das weltweit größte Festival für Heavy-Metal-Musik in Schleswig-Holstein. Da ist er, der Sparkassenangestellte, Stammgast. Jedes Jahr eine halbe Woche Eskapismus – Realitätstflucht. „Einfach nur geil!“, sagt er.
Der 44-jährige Familienvater keucht, weil er gerade sein Zelt, zwei Kästen Fassbrause, zwei Packen Wasser, eine dicke Sporttasche und den Campingstuhl in seinen Kombi räumt, mit dem er gleich die 470 Kilometer über die A1 und durch den Hamburger Elbtunnel bis kurz hinter Itzehoe zurücklegen wird. Das Auto ist voll. Und was nicht passt, das wird eben passend gemacht und reingequetscht. Die Fahrt dauert fünf Stunden. Unterwegs in den Raucherpausen trifft Uwe auf Rastplätzen viele andere Wacken-Fans, alles „Wackinger“ wie er. Sie begrüßen ihn mit der „Pommesgabel“ – dem Teufelshorn-Gruß der Metal-Fans, bei dem der Zeige- und der kleine Finger abgespreizt werden.
Foto: Frank Weiffen
An ihrem Outfit sollt ihr sie erknnen: Echte Wackinger lassen sich was einfallen.
Foto: Frank Weiffen
Ohne Worte.
Die Festival-Fahne hängt neben der edlen Spitzengardine
Als Uwe am späten Abend im 1800-Seelen-Örtchen ankommt, fährt er an großen Einfamilienhäusern und verdammt teuer aussehenden Villen vorbei, in deren Fenstern neben der edlen Spitzengardine auch die Festival-Fahne mit dem berühmten Kuhschädel-Logo hängt. Der ein oder andere Wackener steht noch auf dem Balkon, schaut sich die in einem unablässigen Strom durchs Dorf ziehenden „Metalheads“ an und winkt freundlich zu ihnen herunter. Die Wackener sind gute Gastgeber. Sie lieben ihre Freaks, die hier alle zwölf Monate einfallen und vielen Menschen im Ort – den Ladenbesitzern, den Bauern, den das Kettcar zum Bier-Taxi umfunktionierenden Kindern, den zig Amateur-Bratwurst-Verkäufern in der heimischen Garage – ein erkleckliches Zubrot zum normalen Verdienst einbringen. Wacken liebt den Heavy Metal.
Einzig die gepflegten Vorgärten mit ihrem satten grünen Rasen sind vorsichtshalber mit Eisenzäunen verrammelt. Wer mal austreten muss, soll dann doch bitte das stinkende Dixie-Klo hinterm Haus benutzen, sprich: auf dem Zeltplatz, wo Uwe vom Platzanweiser – natürlich ist auch der ein Wackener - mit den Worten „Willkommen zuhause!“ begrüßt wird. Uwes Augen leuchten. Er weiß: Er ist endlich wieder da, zurück im „Holy Wacken Land“, dem geheiligten Land der harten Musik.
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