Linguistik-Legende zu Gast an der Uni-Köln

Chomsky-Mania: Uni Köln platzte aus allen Nähten

Von Peter Joerdell für R2-Horizont

Foto: Duncan Rawlinson

Noam Chomskys Auftritt sorgte für einen Massenandrang, mit dem selbst die Universität Köln nicht gerechnet hatte.

Köln. Zwei große Vorlesungen am Montag- und Dienstagabend, die aus allen Nähten platzten und ein Seminar am Mittwoch, bei dem eine aufwändige Anmelde-Prozedur verhindern sollte, dass die Teilnehmerzahl in astronomische Bereiche schnellte: Professor Dr. Noam Chomsky, siebter Albertus-Magnus-Professor der Uni Köln, war als Gast-Dozent ein sofort einzulösender Hauptgewinn für die Hochschule der Dom-Stadt. Wer sich am Montag-Abend in die Nähe des Hauptgebäudes wagte, dem rollte schon gegen 19 Uhr eine Masse an Menschen entgegen, die keinen Platz mehr in der ersten der beiden Chomsky-Vorlesungen bekommen hatten.

Beide Vorlesungen drehten sich um die beiden Hauptwirkungsfelder Noam Chomskys: Sprache und Politik. Seine erste Vorlesung beschäftigte sich mit "Language and Other Cognitive Systems: What is Special about Language?", in seiner zweiten Vorlesung ging Chomsky auf "The Evolving Global Order: Prospects and Opportunities" ein. Bei seinem ersten Besuch am Montag verglich Chomsky die ökonomische und soziale Lage in den Vereinigten Staaten mit den Zuständen in der ausgehenden Weimarer Republik. Aus wirtschaftlicher Not entstehe Unmut und Hass auf sämtliche Institutionen. Außerdem vertrat Chomsky die Auffassung, die arabischen Demokratiebewegungen seien "sicherlich kein Import aus dem Westen". Im Gegenteil: Die USA und ihre Verbündeten hätten alles getan, um die Diktaturen in den entsprechenden Ländern zu stützen.

Foto: A. Savin

Das Hauptgebäude der Universität Köln am Albertus-Magnus-Platz.

Chomsky gilt als hoch-politischer Intellektueller

Kein Wunder: Chomsky (83), Professor am berühmten Massachusetts Institute of Technology, der als Experte für die Frage nach der Grundlage von Sprache und Verstehen gilt, ist auch ein höchst-politischer Intellektueller. Denn außerhalb seines Fachgebiets machte sich der Sprachwissenschaftler über die Jahrzehnte einen Ruf als Kritiker Amerikas. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 gehörte Chomsky zu den ersten geistigen Größen der USA, die behaupteten, das Attentat auf die Twin Towers müsse auch als Konsequenz aus dem imperialistischen Verhalten der letzten Supermacht gedeutet werden.

Chomsky ist zudem bekannt für seine Haltung des freien Denkens: "Ein Intellektueller zu sein, ist eine Berufung für Jedermann. Das bedeutet, den eigenen Verstand zu gebrauchen, um Angelegenheiten voranzubringen, die für die Menschheit wichtig sind. Einige Leute sind privilegiert, mächtig und gewöhnlich konformistisch genug, um ihren Weg in die Öffentlichkeit zu nehmen. Das macht sie keineswegs intellektueller als einen Taxifahrer, der zufällig über die gleichen Dinge nachdenkt und das möglicherweise klüger und weniger oberflächlich als sie. Denn das ist eine Frage der Macht."

Die Albertus Magnus-Professur und Noam Chomsky

Foto: Tim 'Avatar' Bartel

Das Albertus Magnus-Denkmal vor 
dem Hauptgebäude der Uni Köln.

Die Albertus-Magnus-Professur wurde an der Universität zu Köln im Gedenken an den mittelalterlichen Universalgelehrten Albertus Magnus (1193 bis 1280) eingerichtet, der von 1248 bis 1254 in Köln am Generalstudium der Dominikaner lehrte. Auf diese Professur wird eine Persönlichkeit von internationaler Geltung berufen, die in öffentlichen Vorlesungen und Seminaren Fragen von allgemeiner Bedeutung behandelt, die derzeit in vielen Grundlagenwissenschaften, aber auch in der öffentlichen Debatte, eine Rolle spielen.

Nach Arthur C. Danto (2005), Jean-Luc Nancy (2006), Giorgio Agamben (2007) und Robert Audi (2008), Philip Pettit (2009), Enrique Dussel (2010) hat nun Noam Chomsky die Einladung auf Albertus-Magnus-Professur angenommen. Avram Noam Chomsky, 1928 in Philadelphia (Pennsylvania, USA) geboren, lehrt seit 1961 als Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Er zählt zu den herausragenden Intellektuellen der Gegenwart, dessen Schriften ebenso wie seine öffentlichen Interventionen eine weltweite Aufmerksamkeit und Rezeption, aber auch Kritik erfahren haben. Mit seinen linguistischen und sprachphilosophischen Arbeiten hat er die Sprachforschung revolutioniert. Vielen ist er auch wegen seines politischen Engagements und seiner Kritik an der Politik der Vereinigten Staaten bekannt. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen "Aspects of the Theory of Syntax" (1965), "The Minimalist Program" (1995) sowie "On nature and language" (2002) und "Government in the Future" (2005).

Mehr Infos im Web:

www.chomsky.info

www.uni-koeln.de

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