„Gegen dröge und akademische Lesungen“ - die Schementhemen
Gehobener Unfug und der Powerhandschuh
Von Mirja Schmitt für R2-Popsmart
Foto: Bothe
Ohne den Powerhandschuh geht gar nichts: Wie viele Bühnenmenschen gönnt sich auch Myk Jung seinen ganz persönlichen Talisman.
Velbert. Noch ist die Bühne, die in einem „fröhlichen“ Schwarz gehalten ist, verwaist. Nur ein kleiner Tisch, auf dem schon Kerzen entzündet wurden, und ein Klavier sind zu sehen. Um 20 Uhr betritt dann Myk Jung die Bühne. „Als der Montagsficker einmal dienstags ran musste“, ist der vielversprechende erste Beitrag. Das Publikum wird nicht enttäuscht, die bitterböse Geschichte eines durch Rouladen zutiefst traumatisierten Menschen, lässt Tränen der Belustigung fließen.
Nach der Geschichte „ Der liebe Hein“ betritt der Gastleser bzw. Gastkabarettist Matthias Reuters die Bühne. Er gönnt dem von Lachkrämpfen geplagten Publikum keine Ruhepause. Sein besonderes Highlight: „Stefan und die Suppe“, eine tragische Liebesgeschichte eines Mannes und einer Suppe. Als nach weiteren zwerchfellerschütternden Beiträgen Reuters Klaus Märkert die Bühne betritt und mit der Lesung seiner Geschichte „Sieben“ beginnt, fällt auf, dass der „Montagsficker“ auch bei ihm Thema ist: „Bring mir den Montagsficker“ ist der Auftrag an den beinahe hoffnungslosen Kommissar Krokette. Ist der Montagsficker das Motto, das sich wie ein roter Faden durch den Abend zieht?
Foto: Schementhemen
Gaststar Matthias Reuter legte mit "Stefan und die Suppe" vor.
Die Zigarette davor oder high durch den Mai?
Das Publikum stimmt über die Themen ab
Dies sei in der Tat so, bestätigen Myk Jung und Klaus Märkert später. Das Publikum habe vor einer Lesung jeweils die Möglichkeit, im Internet zwischen drei Themen zu wählen. Die Besucher des Flux hätten zum Beispiel die Möglichkeit, das Thema der Lesung am 8. Mai mitzubestimmen. Zur Auswahl stehen: „Ein Schwein kommt selten allein“, „Die Zigarette davor“ oder „High durch den Mai“. Nach der Abstimmung bleiben den Autoren dann noch sieben bis zehn Tage, jeweils eine Geschichte zum Siegerthema zu schreiben – den jeweiligen Bühnen-Gast eingeschlossen. „Das ist auch eine Herausforderung an uns, neue Texte zu schreiben“, merkt Myk Jung an.
„Wir laden immer ein oder zwei Gäste ein, die mit uns lesen“, beschreibt Klaus Märkert die traditionelle Vorgehensweise bei den Schementhemen. „Das können Autoren sein, aber auch Musiker oder Kabarettisten.“ Und das literarische Motto der Schementhemen? „Skurrilität und Humor, wir gehen nicht zum Lachen in den Keller. Das Schwermütige ist ein untergeordneter Faktor“, sagt Myk Jung schmunzelnd.
„Es spielt zwar eine gewisse Melancholie mit hinein, die wird dann aber wieder durch Slapstickartiges gebrochen. Man kann die Schementhemen auch als gehobenen Unfug ansehen“, ergänzt Klaus Märkert. „Die Themen sind Stories und Ideen aus dem Ruhrpott, Alltagsthemen, aber auch aus der Phantasie geborene verrückte Geschichten.“
Foto: Schementhemen
Ein Textband der Schementhemen.
Bei den Schementhemen muss gute Literatur nicht weh tun
Trockene Literaturlesungen wollen die Autoren vermeiden: „Es gibt ja diesen Ausspruch 'Gute Literatur muss weh tun'. Ich glaube, damit ist gemeint, dass man zu einer Lesung geht, leidet und trotzdem rausgeht und sagt: 'War toll!' Wir wollen aber vermeiden, dröge und akademisch rüberzukommen“, stellt Klaus Märkert klar. Auf die R2-Frage hin, ob auf den Lesungen denn immer alles glatt laufe, verneinen die Autoren. Kleinere Schwierigkeiten würden natürlich nicht ausbleiben. Myk Jung habe zum Beispiel mal seinen „Powerhandschuh“ bei einer Lesung vermisst.
„Ohne den Powerhandschuh bin ich handlungsunfähig“, erläutert der Autor und zeigt auf den Lederhandschuh, den er an der linken Hand trägt. „Ich saß an dem kleinen Tisch auf der Riesenbühne und bemerkte, dass der Powerhandschuh nicht an meiner Hand war. Ich wurde sehr nervös, aber ich habe den Leuten im Publikum direkt reinen Wein eingeschenkt. Die waren sehr verständnisvoll – und glücklicherweise hat unsere Managerin ihn dann gefunden. Als sie dann auf die Bühne trippelte, um ihn mir zu bringen, wurde sie von tosendem Beifall empfangen.“ Als der Powerhandschuh endlich da war, habe er „ganz normal weiterlesen“ können, so Jung. Solange der Powerhandschuh an seiner Hand sitzt, werde es also weitergehen, mit den Schementhemen.
Schementhemen im Web und nächste Lesung
Wer sich jetzt fragt, wie er in den Genuss dieser unkonventionellen Lesungen kommen kann, sollte die Schementhemen im Web besuchen:
Nächste Termine: 6. Mai beim Schwarzen Tresen im Musiktheater Piano, Dortmund