Neue R2-Serie: Die "Zockerbraut" und ihre wunderbaren Videospiele

Von Leberwurstbroten und Hornbrillen

Von Yasmin Yilmaz für R2-Blogger

Foto: (c) Lars Frantzen, Lizenz

Den ganzen Tag vor dem Computer sitzen und in die Welt der Videospiele abtauchen. Das ist die Welt der "Zockerbraut" Yasmin Yilmaz, die ab sofort ihre Erlebnisse für R2inside aufschreibt.

Dortmund. Jeder kennt sie, die meisten mögen sie. Die Rede ist von Leberwurstbroten. Es gibt sie in allen möglichen Varianten: grob oder fein; Kassler, Bauern- oder Schwarzbrot. In jedem Fall immer ein willkommener Anblick in der Frühstückspause. Ich selbst habe eher ein gespaltenes Verhältnis zu dieser beliebten Zwischenmahlzeit. Wieso? Hmm... wo soll ich da anfangen?

Und so hat damals alles angefangen...

März 1983: „Major Tom“ war auf Platz 1 der deutschen Single-Charts und ein kleines Würmchen, das irgendwann einmal auf den Namen Else reagieren würde, erblickte das Licht der Welt. Hineingeboren in einen sozialen Brennpunkt und erzogen von Eltern, die eigentlich ständig für ihren Lebensunterhalt schufteten, entdeckte dieses kleine Würmchen schnell die Wunderwelt der Comics, Cartoons und Videospiele.

Sie war auch in bester Gesellschaft! Von Geschwistern und Onkeln stets mit neuem Lesestoff versorgt, mitgeschleppt in düstere, muffige und überlaufenden Comicbuchläden, sah sie sich schnell imstande, dieses neue Universum selbstständig zu erkunden. Und sie fraß fast alles, was sie fand!

So begab es sich, dass aus der kleinen Larve, die sich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke oder dem guten alten Joystick in der Hand vor dem Amiga 500 ihres großen Bruders verpuppte, etwa zehn Jahre später eine kleine Nerdmotte wurde. Und wie prächtig diese Nerdmotte anzusehen war!

Sie sprach fast fließend Englisch, ohne je eine wirkliche Unterrichtsstunde genossen zu haben, weil ja nur wenig des „guten Stoffes“ in Deutschland erhältlich war und aus der UK importiert werden musste. Hatte die großen Autoren gelesen, wie Pratchett und Adams und zu ihrer Entspannung lieferte sie sich olympiareife Worms-Turniere mit ihrem großen Bruder oder schaltete im Dortmunder Museum für Naturkunde bei der Museums-Rallye ab.

Es hätte alles so wunderbar sein können... Wenn nicht, ja, wenn da nicht die weiterführende Schule gewesen wäre!

Ich war eigentlich immer nur der merkwürdige Sonderling...

Das Thema Nerd- und Geektum war in den frühen 90ern noch nicht so populär, nicht einmal als Begriff, wenn ich mich recht erinnere. In meiner Klasse war ich eigentlich nur ein Sonderling, der sich mit Kinderkram, wie Zeichentricks und Computerspielen beschäftigte (Man war ja schon ach so erwachsen – hätten die mal gewusst, wie wenig Tank Girl mit Kinderkram zu tun hatte), sich wenig mit anderen Kindern traf und sich nicht so sehr für Bands und GZSZ interessierte, wie der Rest der Klasse.

Vielleicht lag es an diesem mangelnden Interesse für popkulturellen Kram oder aber daran, dass ich meine Pausen lieber mit Printmedien verbrachte, als in der Raucherecke über obszöne Witzchen zu lachen. Auf jeden Fall fand ich mich schnell als Ziel von Hohn, Spott und der einen oder anderen Gemeinheit wieder. Viele meiner papierenen Freunde fanden ein tragisches Ende im Waschbecken, der Inhalt meines Ranzens berieselte mehr als einmal den Pausenhof... weiß Gott, sogar die Lehrer mobbten mich!

Zu der Zeit erstand auch meine bis heute anhaltende Abneigung gegen Leberwurstbrote! Denn, was die meisten Menschen nicht wissen: Leberwurstbrote sind ganz fantastische Wurfgeschosse! Gute aerodynamische Fähigkeiten, kaum Verletzungsgefahr, dafür ganz erstaunliches Demütigungspotenzial! Wenn man von einem dieser Geschosse getroffen wird, beispielsweise am Kopf, passiert es nicht selten, dass die eine Brothälfte abplatzt, während die andere – beschmierte - Hälfte einem in spektakulärer Weise an der Stirn kleben bleibt.

Meine Rache war fürchterlich - und sehr kreativ

Nun ja... war nicht unbedingt die schönste Zeit für mich, aber ich habe mich nicht gewehrt, nicht einmal beschwert. Stattdessen ging ich am Ende eines Schultages heim, machte meine Hausaufgaben, guckte Star Trek und legte mich anschließend auf den Fußboden meines Kinderzimmers und rächte mich, rächte mich fürchterlich! Mittels kleiner Comicstrips, aus denen meine unliebsamen Mitschüler selten mit heiler Haut herauskamen. Mal wuchs ich auf Häusergröße an und zertrat sie einfach, mal verwandelte sich eine Klassenkameradin in eine hängebusige T-Rex-Dame mit Bindegewebsproblemen.

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