Aus dem Nähkästchen einer "verzweifelten Hausfrau"

„Generation Golf“ geht aus

Von "Brenda van Kamp" für R2-Blogger

Foto: © Axl Jansen,  Lizenz

Auch Falco ist ein Idol der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Und gehört damit zu den Jugenderinnerungen der verzweifelten Hausfrau Brenda van Kamp.

Rhein-Ruhr. Der demographische Wandel hat auch Vorteile. Ich gehöre ja zur sogenannten Generation Golf. Geboren um 1970, aufgewachsen in den 80ern mit Nena, Falco und der beliebten Neuen Deutschen Welle. Rocky Horror und Männer in Strapsen gehören zu meinen besten Abifeier-Erinnerungen. Ebenso wie wilde Partys im Keller des Bungalows eines Klassenkameraden, wo jede mit jedem und jeder mit jeder tanzte und mehr. Seit dieser Zeit bin ich überzeugt, dass Monogamie eine Illusion ist.

Das Leben 25 Jahre nach dem Abitur...

Wir waren Massen. Gott sei Dank gingen einige von uns direkt nach dem Abi an die Unis. Wir anderen prügelten uns um Ausbildungsplätze, manchmal durch unbezahlte Praktika von mehreren Monaten. Wir fanden alle unseren Platz im Leben. Stay-friends sei Dank kriegt man ja mit, was die Leute so machen und wie sie so aussehen, 25 Jahre später.

Ja, und dann gibt es ja jetzt an jeder Ecke diese Ü30 Partys. Die schießen wie Pilze aus dem Boden. Mal klein, mal groß, sie füllen ganze Hallen. Und dort treffe ich sie alle wieder, die Lieben meiner Schulzeit. Wenn ich sie denn erkenne. Man ahnt ja gar nicht, wie sich die Leute verändern. Mit Mitte 40 haben Sie einfach die Weichen gestellt. Da rächt sich Ihr Lebensstil ganz erheblich. Die rassige Rothaarige aus meiner Grundschulzeit ist mir gesichtsmäßig heute 20 Jahre voraus und der üppige Busen, um den sie alle Klassenkameradinnen unschuldig beneideten, hat sich demütig der Schwerkraft gebeugt.

Huh, sie finden mich lästerlich? Nun, zu meiner Ehrenrettung muss ich zugeben, dass sich auf den kleineren Ü30 Partys sehr viele, guterhaltene Mittvierziger tummeln. Menschen um die 30 konnte ich zum Beispiel auf meiner letzten Mittwochsparty im schönsten Biergarten der Stadt nicht entdecken. Ich glaube fast, die Bezeichnung Ü30 trifft einen Nerv. Auch ich fühle mich Ü30 (was ich ja auch bin!) obwohl ich, mathematisch korrekt, auf die 50 zugehe. Wer gibt schon ehrlich zu, dass er Ü40 ist? Ist doch immer wieder schön, wenn ich mit dicker Kriegsbemalung, schlechtem Licht und eindeutiger Schmeichelabsicht des Tanzpartners für Mitte 30 gehalten werde.

Was man so alles auf einer Ü30 Party erleben kann...

Nun, letzten Mittwoch hatte ich wieder meinen Spaß. Auch wenn ich seit einem Jahr nicht mehr dort war. Wenn Sie schon fünfzehn Jahre Ü30 sind, stecken Sie eine kurze Nacht mit weniger als sechs Stunden Schlaf eben nicht mehr so gut weg wie mit 20. Schon meine erste Oberschwester sagte immer:“Wer feiern kann, kann auch arbeiten“. Das geht, wenn sie den ganzen Tag auf einer Station rumrennen, aber nicht mehr, wenn sie Kinder versorgen, einen Haushalt schmeißen und den ganzen Tag am PC sitzen. Spätenstens, wenn sie über der Tastatur zusammensacken, wissen Sie, dass Ihre Leistungsfähigkeit abnimmt.

Dies jedoch merkt man den Menschen Mittwochs abends im Club nicht an. Ich frage mich dann immer, wieviele Kinder gerade mit ihrem Babysitter zu Hause sitzen, während ihre Eltern (immer einzeln unterwegs) sich aufführen wie liebestolle Teenager. Meine große Tochter wäre höchst peinlich berührt, wenn sie sähe, wie wir drei Frauen gestern unsere Hüften schwangen auf High Heels (die nur für diesen Zweck gekauft wurden) und kokett mit dem vorhandenen Material flirteten, auch wenn wir zu Hause vehement für Gleichberechtigung eintreten. Gespräche, die über Name und Wohnort hinausgehen, sollten Sie tunlichst vermeiden. Wenn Sie nicht wollen, dass Ihr leidenschaftlicher Tanzpartner sich windet, weil er Frau und fünf Kindersitze unerwähnt lassen möchte.

Party machen? Am besten mit Mitte 40!

Also, es ist doch prima, älter zu werden. Vor allem, wenn ich merke, dass ich zu einer großen, umworbenen Zielgruppe gehöre. Und damit interessant bleibe. Vor allem, wenn Sie die Strapse aus der Rocky Horror Show heute unter Ihrem Business-Kostüm tragen und abends für die Party das Top und den Push-Up-BH Ihrer Tochter anziehen können. Mit Mitte 40 geht eben alles.

"Verzweifelte Hausfrau" im R2-Gebiet

"Brenda van Kamp", Mitte 40 und gut ausgebildet, ist dort, wo viele Großstadt-Singlefrauen noch hin möchten: Ehemann, Kinder, ein gemütliches Zuhause. Und eigentlich glücklich. Wären da nicht die Tage, an denen sie alles in Frage stellt und über ein alternatives Leben nachdenkt. Die "verzweifelten Tage", an denen ihr bewusst wird, wie trügerisch Sicherheit sein kann. Wie sich das anfühlt, schreibt die "Verzweifelte Hausfrau" unter ihrem Pseudonym "Brenda van Kamp" auf.

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Kommentare  

 
+2 #1 Mann von Welt 2013-07-18 10:01
Bei uns gibts solche Ü30 Partys auch haufenweise. Ich habe das Gefühl es gibt zwei Arten von solchen Partys, die einen kommen um die Liebe des Lebens vielleicht doch noch zu finden (die sogenannten Ladenhüter). Ästhetisch sind diese Partys ein absoluter Graus und da geht ihr genau einmal und nie wieder hin.

Die anderen Parties finden vielleicht nur zweimal Jährlich statt und sind ein highlight, da sich dort Leute im Alter um die 40 treffen und einfach zusammen Feiern wollen wie früher. Das sind dann die wirklich guten Veranstaltungen . Grundsätzlich kann dazu gesagt werden Qualität vor Quantität, wie so oft im Leben.
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