R2-Chefredakteurin über Familienmitbringsel aus Korea
„Dinge, die es in Deutschland nicht gibt“
Von Sun-Mi Jung für R2-Horizont
Foto: Jung
Salzstangen? Chips? Langweilig. In Korea knabbert man das hier beim Fernsehabend.
Getrocknete Tintenfische: Der Snack für die ganze Familie
Im Gepäck sind weitere Dinge, „die es in Deutschland nicht gibt“. Zum Beispiel Lebensmittel. Sechs Liter kaltgepresstes, dunkles Sesamöl aus der Presse, die der Nachbar aus dem Heimatdorf von Papa betreibt. Sehr lecker. Paketweise getrocknete Rotalgen. Ebenfalls köstlich. Zehn getrocknete Tintenfische. Hmhh! Getrocknete Anchovis, beutelweise. Ausgezeichnet. Traditionelle koreanische Keksspezialitäten, mehrere Kartons. Wow. Tiefrotes Peperonipulver. Fabelhaft. Alles möglichst wasser- und fettfreie Lebensmittel, damit sich die Vorräte auch die nächsten neun Monate halten. Dann muss man allerdings wieder nach Korea fahren.
Und dann sind da noch die „Gesundheitsprodukte“. Die traditionelle chinesische Medizin gibt es in Korea schon ganz lange. Jedenfalls länger als in Deutschland. Und beide Eltern suchen zu jedem Koreaaufenthalt mindestens einmal einen TCM-Doktor auf. Sie lassen sich gründlich durchchecken und nehmen anschließend jede Menge verordneter pflanzlicher Medikamente mit nach Deutschland. Heilsame Tees aus Wurzeln, Kräutern und Blättern, Ampullen, Salben und weiß der Teufel was noch. Einmal war ein ganzes Set für eine Schröpfkur dabei… Als Teenager habe ich fasziniert beobachtet, wie ein koreanischer Bekannter meiner Eltern meinen Vater geschröpft hat. Die ganze Wirbelsäule war voller brauner Schröpfkugeln. Allerdings scheint es zu funktionieren, meine Eltern sind NIE krank und für ihr Alter auch ganz schön fit.
Foto: Jung
Bitte vorsichtig dosieren! Auf Nicht-Koreaner wirkt dieses Peperoni-Pulver höllisch scharf.
Glücksbringer gegen böse Geister unter der Matratze
Auf jeden Fall kommt man mit diesen ganzen „Dingen, die es in Deutschland nicht gibt“ ganz schnell auf 100 Kilogramm Gepäck. Deshalb können meine Eltern ja auch nicht das Rail & Fly–Ticket von Frankfurt nach Dortmund nutzen, sondern müssen sich von ihren Kindern abholen lassen. Was wir natürlich auch machen. Da wir im Koffer verladen mittlerweile viel Übung haben, sitzen wir und das Gepäck ruckzuck im Auto und sind auf dem Weg nach Hause. 250 Kilometer sind natürlich zu viel für meine armen Eltern, die ungefähr seit 24 Stunden auf den Beinen sind. Da der Autobahnverkehr in Deutschland überschaubar ist und im Gegensatz zum Seouler Verkehr keine unmittelbare Gefahr darstellt, schlafen die beiden auch rasch ein. Mein Bruder und ich sind jetzt allein. „Riechst Du das auch?“, fragt mich mein fahrender Bruder. „Ja, irgendwie riecht es doch sehr streng.“ „Ja, aber anhalten geht jetzt auch nicht. Es ist spät und wir wollen endlich nach Hause.“ „Aber komisch riecht es schon, oder?“ Wir ignorieren den Geruch. Darin sind wir beide mittlerweile richtig gut. Wenn bei uns irgendetwas anders war als in den Familien unserer deutschen Freunde, wenn man zum Beispiel unter seiner Matratze Glückbringer zur Abwehr von bösen Geistern fand: Einfach ignorieren. Endlich kommen wir zu Hause an. Und beim Ausladen merkt es mein Vater sofort: eines der TCM-Medikamente ist ausgelaufen. Das verursachte den merkwürdigen Geruch im Auto! Na, hoffentlich kriegen wir den wieder raus. Zum Glück sind die anderen Kostbarkeiten, wie Mamas Kleider und Schuhe, von der kleinen Katastrophe verschont geblieben. Sonst hätte sie sofort den Rückflug antreten müssen. Meine Eltern sind trotzdem ein bisschen aufgeregt, aber das liegt sicherlich an der Übermüdung. Vielleicht aber auch an den vielen schönen Sachen, die sie aus Korea mitgebracht haben und „die es in Deutschland nicht gibt.“
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