Das Korean Girl über seine koreanische Kleidung
Hanbok - Ein Traum in farbenprächtiger Seide
Von Sun-Mi Jung für R2-Blogger
Foto: (c) Caspian Blue, Lizenz
Und so sieht ein Hanbok einer erwachsenen Frau aus. Sehr damenhaft und immer noch sehr farbenfroh.
Dortmund. Als Koreanerin in Deutschland wird man sehr häufig mit sehr lustigen Fragen konfrontiert. Zum Beispiel nach meinem exotischen Namen, nach meinen Sprachkenntnissen (sowohl Koreanisch, als auch DEUTSCH!), nach meinen Ernährungsgewohnheiten und natürlich nach meiner Religion. Die einzige Frage, die so gut wie niemand stellt und auf die ich schon seit Jahren warte, ist die nach koreanischer Kleidung! Dabei ist Kleidung doch ein so wichtiger Lebensaspekt. Jeder ist anzogen, jeder macht sich Gedanken über sein Outfit, jeder geht Kleidung einkaufen. Da mich bis heute niemand nach koreanischer Kleidung gefragt hat, schreibe ich meine Gedanken zu koreanischer Kleidung einfach mal auf. Wozu führt man schließlich eine Kolumne?
Koreanische Kleidung? Noch nie gesehen...
Es geht hier natürlich nicht einfach nur um koreanische Kleidung. Sondern um traditionelle koreanische Kleidung. Die wahrscheinlich so gut wie niemand im Westen kennt. Woher auch? Die ganzen koreanischen Filme und Seifenopern, die in alten Zeiten spielen und koreanische Kleidung zeigen, werden hier schließlich nicht gesendet. Sondern nur in Asien. „Hallyu“, die koreanische Welle, nennt man ja dieses Phänomen. Aber darüber habe ich schon geschrieben.
Zurück zur traditionellen Kleidung. Die Koreaner nennen sie „Hanbok“, zu Deutsch: koreanische Kleidung. (Was für eine Überraschung!). Angeblich ist sie über 2.000 Jahre alt, seit dieser Zeit auch nahezu unverändert und vor allem bis heute in Gebrauch. Zumindest an hohen Feiertagen und zu besonderen Anlässen wird Hanbok gern getragen. Zum Beispiel zum Neujahrsfest. Oder zum Erntedankfest. Oder zu einer Hochzeit. Oder zum 60. Geburtstag. Im koreanischen Alltag ist ein Hanbok eher selten zu sehen.
Ich habe natürlich auch einen Hanbok. Genaugenommen habe ich vier verschiedene. Einen in Blau-Rot, einen in Bordeaux-Grün, einen in Hellgrau-Rosa und einen Schwarz-Roten. Man kann ja nicht jedes Mal denselben anziehen. Alles Maßanfertigungen, bis auf den letzten. Den hat mir meine Mama letztens einfach so aus Korea mitgebracht. Er passt aber trotzdem. Wenn ich in so einem Hanbok in Deutschland auftrete, bin ich der Star des Tages! Niemand, wirklich niemand sieht dann nämlich so aus wie ich. Ha! Leider sind die Gelegenheiten doch ein wenig rar. Es muss schon sehr festlich sein (Sonst komme ich mir einfach overdressed vor.), gleichzeitig sollte nicht zu viel Partystimmung herrschen, weil man als Frau in einem Hanbok nicht wirklich abrocken kann. Sieht auch, glaube ich, ziemlich blöd aus…
Sehr feierliche Steh-Empfänge eignen sich meiner Meinung gut. Im Sitzen kann ja niemand den Hanbok sehen. Mal sehen, ob mich der Bundespräsident demnächst zu einem seiner Empfänge einlädt. Vielleicht möchte er ja mal Frauen mit Migrationshintergrund ehren. Dann ziehe ich auf jeden Fall einen Hanbok an. Versprochen!
So ein Hanbok ist schon ganz schön cool...
Einen Hanbok zu tragen ist nämlich ganz schön cool. Erstens fühle ich mich dann wirklich sehr verbunden mit der koreanischen Kultur. (Das gleiche Gefühle habe ich, wenn ich mein Dirndl trage. Dann bin ich aber mit der deutschen Kultur verbunden.) Zweitens fühlt man sich plötzlich sehr feierlich und sehr damenhaft. Das muss an dem langen, weiten Rock liegen. So etwas trage ich ja normalerweise nicht. Selbst meine „Abendkleider“ sind in Wirklichkeit alle Cocktailkleider und kniekurz. Und drittens erregt man wirklich sehr viel Aufmerksamkeit. Manchmal schon fast ein bisschen zu viel… (Sie sehen schon, ein Hanbok ist nichts für introvertierte Persönlichkeiten.)
Jetzt wollen sie natürlich unbedingt wissen, wie so ein Hanbok aussieht. Daran habe ich selbstverständlich auch gedacht und ein paar Bilder herausgesucht. Trotzdem beschreibe ich ein paar Grunddaten. Der „weibliche“ Hanbok besteht aus einem langen, weiten Rock, der knapp unter der Brust ansetzt und gewickelt wird. Es gibt aber zusätzliche Träger, damit das Ganze nicht verrutscht. Die Bluse (oder Jacke?) sieht ein wenig aus wie ein spanischer Bolero mit weiten Ärmeln und wird mit einer großen, speziell gebundenen Schleife zusammengehalten. Häufig haben Rock und Bluse nicht dieselbe Farbe. Beliebt sich Ton-in-Ton-Kombinationen oder gar Komplementärfarben. (So wie mein Bordeaux-Grün-Hanbok)
Wichtig sind kräftige Farben. Hier gilt: Je jünger die Trägerin, desto bunter darf (muss?) sie sich kleiden. Kleine Mädchen sind oft quietschbunt angezogen, Seniorinnen sehr gedeckt. (Gott sei Dank habe ich das Mädchen-Alter bereits überschritten.) Ebenso wichtig sind kostbare Stickereien. Mit Spitzen und Borten hatten es die alten Koreanerinnen nicht so. Dafür aber mit wunderschönen Stickereien, die einen Hanbok zieren.
Aus tiefblauer Seide und reich bestickt
Männer tragen eine weite Hose, die an den Knöcheln zusammengebunden wird. Und eine einfache, etwas hüftlange Jacke. Fertig! Bei kalten Temperaturen gibt es noch eine Weste und einen weiten Mantel dazu. Für Frauen gibt es natürlich auch entsprechende Damenmäntel. Meiner ist aus tiefblauer Seide und über und über mit wunderschönen Stickereien verziert. Ich habe immer schreckliche Angst, ihn schmutzig zu machen. Deshalb trage ich ihn nie…
Um den traditionellen Korea-Look perfekt zu machen, brauche ich natürlich auch einen strengen Haarknoten. So wie ihn die Ballerinas tragen. Mit einer riesigen Haarnadel aus Jade. Und einem scharfen Mittelscheitel. Da mir das nicht so gut steht (je strenger die Frisur, desto schöner und weicher muss das Gesicht sein), muss ich mir jedes Mal von der Friseurin meines Vertrauens eine schicke, glamouröse Hochsteckfrisur machen lassen. Macht aber nichts, ich habe jedes Mal viel Spaß dabei.
Ebenfalls zu einem traditionellen Hanbok gehören Gummischuhe. Sie haben richtig gelesen. Das ist so etwas Ähnliches wie Gummistiefel. Nur in Ballerina-Form. Na ja, hübsch sind die ja nicht… Eher ein bisschen merkwürdig. Daher gibt es in Korea auch mittlerweile „Pumps“ im Korea-Style. Stoffbezogen und in vielen bunten Farben. Oder man trägt einfach seine ganz normalen westlichen Stöckelschuhe. So wie ich.
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