Britta von der Linden: gegen Ärger am Arbeitsplatz
Haifischbecken Büro: Wie man es vermeidet, als Fischfutter zu enden
Von Peter Joerdell für R2-Mein Leben
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"Alles für England" - nur zu dumm, dass man Probleme im Büro nicht gut in Bond-Manier lösen kann.
1. Analysieren Sie die Ursachen. Konflikte am Arbeitsplatz können verschiedenste Gründe haben. Angefangen bei einfachen Missverständnissen, über menschliche Schwächen wie Neid bis hin zu unpopulär getroffenen Entscheidungen, die zunächst Widerstand auslösen, um dann offene Rebellion auszulösen. Auch eine negative Grundhaltung gegenüber Kollegen kann zu Problemen führen. „Die Möglichkeiten sind vielfältig, da wir auch im Büro nicht den Menschen in uns ausschalten, keine Roboter sind“, betont Britta von der Linden.
2. Vermeiden Sie den Big Bang. Eigentlich die oberste Regel: Am Arbeitsplatz sollten Sie stets die höchste Eskalationsstufe mit „Sich-Anschreien“ und allem, was dazu gehört, vermeiden. „Das wirkt unprofessionell“, weiß die Expertin. Bevor der kalte Krieg im Büro (denn alles hat meist eine Vorgeschichte) in eine heiße Auseinandersetzung umschlägt, sollten die Beteiligten versuchen, auf der „Sachebene“ zu bleiben. Britta von der Linden: „Persönliche Themen beeinflussen Konflikte am Arbeitsplatz zwar auch, sollten aber im Hintergrund stehen.“
3. Sich mal in den Anderen hineinversetzen. Nur so kriegen Sie ein Gefühl für die Perspektive desjenigen, den Sie als ihren „Gegner“ identifiziert haben. „Außerdem geben Sie sich und Ihrem Konfliktpartner etwas Zeit und die Möglichkeit, in Ruhe nachzudenken“, erläutert von der Linden den Sinn dieser Maßnahme. Manchmal, so die Expertin, helfe es zudem, sich aus der Situation bewusst herauszunehmen, das Gespräch einfach zu beenden. Eine Fortsetzung könne man anstreben, „wenn beide Parteien wieder in der Lage sind, sachlich miteinander zu reden“.
4. Mitbekommen, wer mich im Visier hat. Zu realisieren, dass Sie im Fadenkreuz eines oder mehrerer Kollegen stehen, braucht eine gute und genaue Beobachtungsgabe – die berühmten Antennen. „Ein Stirnrunzeln auf Bemerkungen, Unterbrechen oder Überhören von Gesagtem, Augenverdrehen etc. sind nur einige kleine Signale, die Alarmglöckchen klingeln lassen sollten“, beschreibt von der Linden mögliche Symptome. „Auch wenn Kollegen plötzlich aufhören, sich zu unterhalten, wenn der oder die Betroffene dazukommt, ist das ein Signal.“ Genauso wie ein Ausschließen aus gemeinsamen Projekten.
5. Legen Sie aber trotzdem nicht jedes Wort auf die Goldwaage. Überinterpretieren Sie nicht jede Reaktion Ihrer Mitmenschen und Kollegen – das birgt die Gefahr der Paranoia. „Betrachten Sie den Menschen als Ganzes und nicht nur einzelne Signale“, rät Britta von der Linden. Denn sonst werde man am Ende durch Probleme blockiert, die keine sind.
6. Deeskalation sollte Ihr Motto sein. Je nachdem, welche Stufe die Probleme im Unternehmen erreicht haben, gibt es unterschiedliche Methoden. Eine davon ist das Konflikt-Lösungs-Gespräch. „Hier spricht ein Moderator, sei es jemand aus dem Unternehmen, dem beide Seiten vertrauen, oder jemand von außerhalb, erst alleine mit beiden Parteien, um sie später an einen Tisch zu holen“, beschreibt von der Linden die Vorgehensweise. Beide Parteien können sachlich ihre Sicht der Dinge darlegen. Dann geht es darum, gemeinsam einen Konsens zu finden bzw. die weitere Vorgehensweise zu erörtern. „Im Prinzip geht es immer um eine Win-Win-Situation für alle.“ Niemand, betont die Expertin, solle sich als Verlierer fühlen müssen.
7. Keine privaten Kreuzzüge starten. Wenn es nicht mehr anders geht und die Fetzen fliegen, sollten Sie es trotzdem vermeiden, mit anderen Kollegen Allianzen zu bilden bzw. Verbündete zu suchen. Damit vergrößern Sie nur den Kreis der Beteiligten, treten den Konflikt „breit“ und machen sich im Zweifelsfall bei Kollegen „beliebt“, die vorher gar nichts gegen sie hatten.
8. Mit Vorsicht zu genießen: Der Gang zum Vorgesetzten. "Vorgesetzte hinzuziehen ist ein sehr individuelles Thema“, warnt unsere Kommunikationsfachfrau. Wenn sich zwei Kollegen auf Augenhöhe streiten, können sie im Konsens durchaus den Abteilungsleiter bzw. Chef zur Schlichtung heranziehen. „Aber nur, wenn sie sich dabei wirklich einig sind.“ Stehen die Streithähne auf unterschiedlichen Hierarchiestufen im Unternehmen, rät die R2-Expertin folgendes: „Wer den niedrigeren ,Rang’ hat, sollte sich erst einmal die Meinung einer neutralen Person anhören, bevor er einen Vorgesetzten hinzuzieht.“
9. Unter vier Augen: Grundsätzlich ist es laut Britta von der Linden immer besser, zu versuchen einen Konflikt nur mit den beteiligten Personen zu regeln. Solange noch die Bereitschaft da ist, die Sache wirklich zu klären und noch kein erbittertes „Aussitzverhalten“ sich Raum gegriffen hat, ist ein Vier-Augen-Gespräch sinnvoll und möglich. „Man darf aber nie die Scham unterschätzen, die sich angesichts der Situation angestaut haben kann“, sagt von der Linden. Das könne mitunter auch der Grund sein, warum die Bereitschaft zum Gespräch fehle. Ist trotzdem der Wille zur Kommunikation vorhanden, bietet sich ein moderiertes Konflikt-Lösungs-Gespräch an.
10. Literatur-Tipp: „Ich empfehle das Handbuch „Konflikt-Management“ von Jutta Kreyenberg“, rät Britta von der Linden den R2-Usern. Aber gleichzeitig betont sie auch: „Wichtiger, als sich Wissen anzulesen, ist allerdings praktische Kommunikationskompetenz, also das Verhalten. Daher ist meistens ein Seminar zum Thema sinnvoller als ein Buch.“
Unsere Expertin:
Britta von der Linden (Jahrgang 1966, verheiratet) ist seit 2005 selbstständige Personaltrainerin, Coach (DVNLP e.V) und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Zuvor nahm sie 18 Jahre lang unterschiedliche Aufgaben innerhalb des Siemens-Konzerns wahr. Zuletzt war sie in diesem Zusammenhang Leiterin eines regionalen Abendkollegs in Essen. Wenn Zeit für Freizeit bleibt, ist sie gern mit ihrem Hund unterwegs. Außerdem liest sie gern.
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