Geschichten von der "Hinterbühne" des Westfälischen Landestheaters
Theater - meine große Liebe
Von Sophie Schmidt für R2-Blogger
Foto: (c) S. Schmidt, Lizenz
Zigaretten gehören zu einem richtigen Künstlerleben natürlich unbedingt dazu.
Castrop-Rauxel. "Sophie, würdest Du nen Blog schreiben?" fragten sie mich. Ich sagte: "Okay. Worum soll‘s denn gehen?" "So, um das wilde Theaterleben." Aha. Und jetzt sitze ich also mit starrem Blick vor einer neuen Herausforderung. Hallo. Mein Name ist Sophie Schmidt, ich bin Schauspielerin am Westfälischen Landestheater und wohne in Castrop-Rauxel.
Sehr schwierig, in Castrop-Rauxel ein wildes Theaterleben zu führen
Es sei zu Beginn angemerkt, dass es sehr schwierig ist in Castrop-Rauxel ein wildes Theaterleben zu führen, aber das gesamte WLT (Westfälisches LandesTheater) arbeitet hart daran. Und ich auch! Ich ganz im Besonderen, möchte ich behaupten. Und das ist bisweilen schwere Arbeit, denn man hat als Schauspieler einen strengen Zeitplan zu erfüllen und penibel auf seinen Lebenswandel Acht zu geben, wenn man es wirklich führen will, dieses wilde Theaterleben.
Es ist wirklich hart am Theater. Ich bin noch relativ jung, aber bisweilen stoße ich schon an die Grenzen meiner Kräfte. Das geht schon nachmittags los, wenn ich aufstehe. Obwohl ich so müde bin und Kopfschmerzen habe, muss ich mich spätestens 15 Uhr aus dem Bett gequält haben und Kaffee kochen, dazu frühstücke ich Reste. Das kann Kuchen sein oder Spaghetti von gestern oder, wenn ich fleißig bin, auch mal ein paar selbstgedrehte Zigaretten, aber nicht diese borgouisen Fertigkippen aus der Packung, denn ich bin Künstlerin und sehr, sehr arm, daher kann ich mir solchen Yuppiekram nicht leisten (nichts für ungut, Yuppies).
Ich weiß, es ist ungesund, aber ich hatte eine schwere Kindheit. Punkt. Nach dem Rauchen setze ich mich instand und radle zum Theater. Ich begrüße die Kollegen und sie begrüßen mich. Dann müssen wir schon wieder rauchen, auf die kalten Spaghetti! Aber ich ziehe mit. Alles für die Kunst. Wir sind ein Landestheater und fahren mit dem Theaterbus in die Orte in denen wir spielen, manchmal eine halbe Stunde, manchmal nach Bayern. Vor der Vorstellung trinken wir keinen Alkohol, aber irgendwer hat immer Schnapspralinen dabei, die die nüchterne Zeit überbrücken helfen. Meistens `Edle Tropfen in Nuss`, denn wir sind arm.
Rauchen, rauchen, rauchen
Wir unterhalten uns die ganze Fahrt über. Meistens geht es ums Theater oder um Schnapspralinen. Wir kommen an, gehen in die Maske, werden hübsch gemacht, ziehen ein schönes Kostüm an, warten und spielen das Stück. Wer nicht auf der Bühne ist, muss rauchen und Schnapspralinen essen. Da sind wir sehr diszipliniert, aber das ist auch kein Wunder! Das Rauchen vor und nach der Vorstellung/Probe und in den Pausen ist Teil der Schauspielausbildung und wird von den meisten Dozenten sehr ernst genommen.
Mit der Zeit, bekommt man auch ein Gefühl für das richtige Timing und lernt seine Pausen optimal zu nutzen, um nicht zu lang hinter der Bühne im Weg rum zu stehen. Hastig Rauchen, noch eine Schnapspraline, tief Luftholen (es sieht ein bisschen aus wie Erschrecken, aber es ist eigentlich Luftholen), rennen und gerade aufs Stichwort erscheinen. Timing ist sehr wichtig am Theater, das könnt ihr Euch merken. Nach der Vorstellung fahren wir zurück und machen uns im Bus ein Bier auf oder reichen eine Flasche Sekt rum und dann, wenn wir wieder zurück sind, wird so richtig gefeiert! Und zwar immer, wir kennen keine Wochentage! Alle müssen mit, das ist vertraglich sehr streng geregelt.
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