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Neue R2-Serie: Was der "Teufelsbraten" Holger Hettinger R2inside auftischt

Champagner! Das schönste Getränk der Welt!

Von Holger Hettinger für R2-Blogger

Foto: Hettinger

Das schönste Getränk der Welt? Champagner! Findet zumindest der R2-Teufelsbraten Holger Hettinger.

Rhein-Ruhr/Berlin. Der Kellner stolziert breitbeiniger als sonst durch dieses schnucklige Lokal am Boulevard Pereire in Paris, das kann ich schon aus den Augenwinkeln sehen. Wie eine Trophäe trägt er den Champagner-Kühler vor sich her. Als dann noch die beiden smarten Banker-Typen am Nachbartisch ehrfurchtsvoll zu raunen beginnen, muss ich gar nicht mehr hinschauen – ich weiß auch so, was hier gerade gespielt wird.

Ein abartig teurer Champagner - ich trinke lieber Bier

Aus dem Champagnerkühler lugt eine transparente, goldgelb schimmernde Flasche hervor. War ja klar, denke ich. Roederer Cristal, ein Champagner, der sich in erster Linie dadurch auszeichnet, abartig teuer zu sein. Und der hinsichtlich seiner Aufmachung mit dem Goldglitzer so markant und auffällig ist, dass er auch auf 100 Meter Entfernung eindeutig identifiziert werden kann. Mit großer Geste präsentiert der Kellner die Flasche nun einem massigen Herrn, dessen weit geöffnete Hemdenbrust eine mächtige Goldkette rahmt. Die Ankunft der teuren Flasche wird mit einem langgezogenen „Oaaaaaaaah!“ quittiert.

Spätestens jetzt hat jeder, wirklich jeder Besucher des Restaurants mitbekommen, dass es hier ums Imponieren geht, mit einer Flasche, für die hier 240 Euro aufgerufen werden – und nicht um die Lust an einem der schönsten, sinnlichsten, komplextesten Getränke überhaupt geht: Champagner. Ich tue dann wieder das, was ich immer tue, wenn die offenen Weine und die halben Flaschen eines Restaurants uninteressant sind: Ich trinke Bier. Immer noch besser, als dem Gorilla mit seinem albernen Roederer Cristal zuzuschauen.

Champagner - das schönste, sinnlichste und komplexeste Getränk überhaupt

Rückblende. Ich sitze in einem kleinen Verkostungsraum und versuche, den Überblick zu behalten über die vielen Champagner-Gläser vor mir. Ich habe die Gläser nach einem System aufgebaut habe, das mir wieder entfallen ist. Anfangs ging es wohl darum, die Gläser nach der Qualität ihres Inhalts zu sortieren – aber hier, in der Probierstube des kleinen Champagner-Hauses Pierre Gerbais in Celles-sur-Ource, ist eigentlich alles gleich gut: der kraftstrotzende, saftige „Tradition“ ebenso wie der elegant-sinnliche „Reserve“ oder der fruchtbombige Rosé und der kompromisslos geradlinige „Audace“, ein Champagner ohne Zusatz von „Dosage“, einer Süßreserve, die den Champagner gefälliger machen soll.

Es sind Weine, die viel über das Land und die Leute erzählen: hier, im südlichen Zipfel der Champagne, wirkt die Vegetation üppiger, sind die Böden schwerer. Die Weinberge sind überwiegend mit roten Pinot-Noir-Reben besetzt – und die Champagner-Winzer der Region erzeugen daraus weißen Champagner, sogenannten „Blanc de noirs“, weißen Wein aus roten Trauben.

Gibt’s denn eventuell ein Stück Brot, oder sonst eine Kleinigkeit? „Du könntest ein wenig hier an diesem Pritt-Stift lutschen“, lacht Pascal Gerbais, Chef des Familienclans und Leiter des Champagnerhauses – das Verkostungszimmer ist auch sein Büro. Dennoch: Der Raum mit seinen Sandsteinmauern, der ausgefeilten Beleuchtung und den effektvoll in Szene gesetzten Flaschen ist ein Riesenfortschritt im Vergleich zu der Situation, die ich bei meinem ersten Besuch 1994 vorgefunden hatte:

Eine spontane Verkostung in der Familienküche

Damals wurde eine spontane Verkostung in der Familienküche improvisiert, während die Großmutter gerade das Sonntagsessen für die Familie zubereitete. Bei Tisch wird man noch lange über den verrückten Deutschen gesprochen haben, der 400 km gefahren ist, um seinen Champagner direkt ab Hof zu kaufen – seinen Wein hat das Champagnerhaus Pierre Gerbais damals bestenfalls in der näheren Umgebung abgesetzt.

Die Nachfrage nach Gerbais-Champagnern wächst – dennoch konnte man der Versuchung widerstehen, auf Masse zu setzen: „Wir müssen nun mal mit den Flächen wirtschaften, die wir haben“, meint Pascal achselzuckend. Und nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Kunden aus der unmittelbaren Umgebung muss Gerbais auch zurückhaltend sein, was den Preis betrifft: Für den Preis der Flasche Poser-Champagner in diesem Pariser Restaurant bekäme der Herr mit der Goldkette 20 Flaschen Pierre Gerbais. 14 Euro für eine Flasche „Autoren-Champagner“ ist nach wie vor ein Freundschaftspreis angesichts der Individualität und der Klasse dessen, was geboten wird.

Keine berühmte Heimat für einen wundervollen Champager

Madame Vézien seufzt. Ja, schon klar, ich bin zu spät, wie vermutlich jeder ihrer Kunden heute, die nicht in der Lage waren, sich den Weg durch die gewaltige Baustelle in der Ortsmitte zu bahnen.

Der schwierige Weg zum Weingut mag als Sinnbild dienen für den Ruf der Region: Als Heimat wundervoller Champagner hat niemand diese Gegend auf dem Zettel. Schaut man sich das auf einer Karte an, so findet man die Anbaugebiete ganz im Süden der Champagne, an der Grenze zu Burgund. Von den berühmten Champagne-Anbaugebieten wie der Côte des blancs oder der Montagne de Reims ist das Departement Aube durch einen breiten Waldstreifen getrennt.

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